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letztgenannten fibergab man sogar von Seiten der Thalbewohner ein Stück,,Klagen und Forderungen“ und bat um die Intercession des östreichischen Botschafters.

Im Jahre 1794 ward noch ein mörderischer Anschlag gegen einen Theil der Bevölkerung gefasst. Nachdem sich das französische Heer der Festung Miraboue am Ausgange des Thales Lucerne bemächtigt hatte, hatte man die Waldenser in Verdacht, dazu beigetragen zu haben, ungeachtet nicht Einer weder in der Festung noch in der Nähe war. Es entspann sich eine Verschwörung des Planes, die Ortschaften von St. Jean und la Tour zu zerstören, in dem Augenblicke, wo die waldensischen Truppen weggegangen seyn würden, um sich dem Uebergange der Franzosen über die Alpen entgegen zu stellen. Der Tag des Ausbruchs war auf den 15. Mai 1794 angesetzt. Der katholische Geistliche in Lucerne BRIANZA war gewissenhaft genug, die Kunde davon den Waldensern zu geben. Auch der Hauptmann der Miliz ODETTI eilt herbei zu dem Past. PAUL VERTU, und bietet ihm seine Hülfe bis zum letzten Blutstropfen an. Am 14. Mai füllen sich das Kloster des recollets und einige andere Häuser mit Gesichtern zweideutigen Aussehens. Der Augenblick ist dringend. Man schickt zu den wiederholtesten Malen zu dem Schweizergenerale GODIN, der die Posten kommandirte, und dessen Hauptquartier drei Stunden über die waldensischen Gemeinden hinausging. Er will's nicht für möglich halten. Die reichsten Eigenthümer von la Tour schicken Botschaft über Botschaft. Das Wetter war das ungünstigste, Ströme von Regen fielen. Endlich gelangt der General an, noch vor vollbrachter That: die Verschworenen fliehen in Unordnung. Man fand eine Liste der Elenden, welche dem Herzoge von Aosta, der später König ward, zugesandt wurde. Keiner der Schuldigen ward bestraft, der General GODIN ward bedankt, aber nicht belohnt, und zog sich nach Nyon im pays de Vaud zurück, wo er zwar mit der Bewunderung seiner getreuen und ergebenen Waldenser, aber als ein in Ungnade Gefallener starb.

Im Jahre 1800 athmeten die Waldenser freier auf, indem ihr Gebiet mit der französischen Republik verbunden FLECK, theol. Reisefrüchte.

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ward, ihre Kirchen mit völliger Gleichstellung und Glau→ bensfreiheit den französischen reformirten Kirchen beigezählt wurden. Das gleiche französische Bürgerrecht, welches die Thalleute genossen, zeigte sich auch darin, dass die katholischen Pfarreien und Beneficien, welche man sie bisher zu unterhalten zwang, in den Dörfern abgeschafft wurden. Aber die englischen Succursgelder hörten während der französischen Besitznahme auf zu fliessen.

Bis zum Jahre 1814 waren die Waldenser im glücklichen Genusse der ihnen so selten gewordenen Religionsund Gewissensfreiheit, so wie des vollständigen Bürgerrechtes. Die Restauration und die Rückkehr des Königs EMANUEL mit seinem Hause ward mit einem Te deum und mit Danksagung auch in den Thälern gefeiert. Gleichzeitig erschien eine Waldenserdeputation zu Turin, zusammengesetzt aus PAUL APPIA, Friedensrichter, und FR. PEYRAN, Prediger zu Pramol, den König zu bitten, ihre Rechte, Freiheiten und Privilegien zu bestätigen. Für denselben Zweck verwandte sich nachdrücklich der edle Lord BENTINK, Befehlshaber der englischen Streitkräfte zu Genua.

Diesmal erfolgte das Gegentheil. Nach dem Dekrete VICTOR EMANUEL'S I. vom 20. Mai 1814 wurden die alten Gesetze und Beeinträchtigungen völlig wieder in Kraft und Gang gesetzt. Einer der ersten Schritte war, dass man die Kirche von St. Jean, in der Gemeinde gleiches Namens, welche in der Zwischenzeit der französischen Einnahme aufgebauet war, zu schliessen befahl, weil sie ausserhalb der Gränzen erbauet sey, welche das Edikt vorgeschrieben. Nur durch die Verwendung des preussischen Gesandten Grafen TRUCHSESS ward der Befehl dahin gemildert, dass man die Oeffnung zwar erlaubte, aber einen Zaun (ein wahres septum ignorantiae) vorzuziehen befahl, um den Anblick des neuen protestantischen Tempels den Augen der gegenüberwohnenden katholischen Einwohner, denen ihre eigene Kirche nahe steht, zu entziehen. Ich selbst sah noch im November 1833 mit meinem Gastfreunde, dem würdigen und verständigen Past. BONJOUR zu St. Jean mit Unwillen die Ueberbleibsel der hölzernen Hecke, von der man indess

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hoffte, dass sie verfallen nicht wieder aufgerichtet werden dürfte. So tief stand noch unser Zeitalter in christlicher Duldung und Gewissensfreiheit! Und dies in einer Gemeinde, in welcher einige hundert Katholiken gegen zweitausend Protestanten wohnhaft sind. Restauration war auch, dass man die Waldenser, welche Eine Folge der unter französischer Herrschaft als Zolleinnehmer, Präfekten, Sekretäre der Communen, Richter und sonst angestellt gewesen, dieser Funktionen entliess. Als Soldaten wurden sie sehr schwer, wenn gleich unter den Franzosen mit Ruhm bedeckt und mit dem Kreuze der Ehrenlegion geschmückt, in die Reihen des sardinischen Heeres aufgenommen. Kein Waldenser konnte von nun an über den Feldwebel steigen, kein protestantischer Offizier kam in die Truppen des Königs 33). Die früheren Edikte der Intoleranz und Verfolgungssucht sind nicht aufgehoben, wenn sie gleich nicht in Ausübung zeither gesetzt sind: immer hatte das Ministerium einige Eiferer für die alte Legislation gegen die Waldenser in seiner Mitte, auch wenn die persönlichen Gesinnungen des Monarchen ihnen nicht abgeneigt waren. Bei Ausbruch der inneren Unruhen in Piemont im Jahre 1821 waren die Waldenser treu und ruhig; ein Staatsminister fand bei ihnen eine Zufluchtsstätte, unter VICTOR EMANUEL wie unter CARL FELIX war ihr Loos leidlich und so scheint es sich auch unter CARL ALBERT gestaltet zu haben. Noch immer aber bedürfeu sie dringend der Beisteuer christlicher Wohlthätigkeit. Denn ihr Land, von Bergen durchschnitten, ist zum Theil unbebauet; dessen Ergebniss reicht zu ihrem Unterhalte nicht aus, und ihre Isolirung, so wie das Verbot ausserhalb ihrer natürlichen Gränzen sich anzusiedeln und Besitzungen zu erwerben, endlich die Ausgechlossenheit von bürgerlichen und militärischen Aemtern bringen sie in eine beengte Lage, in welcher sie allein

33) Nach der unverbürgten Nachricht eines französischen Reisenden

ell der gegenwärtige König mehrere Waldenser zu Officieren ernannt haben. VALERY voyages historiques et littéraires en Italie. T. V. (Paris. 133, 8.) p. 117. Ich selbst hörte in den Thälern nirgend davon.

durch ausländische thätige Theilnahme Erleichterung hoffen können. Ihr Zustand ist ungefähr derselbe, wie der der französischen Protestanten vom Jahre 1787.

IV.

Besuch und neueste Gegenwart.

Lange trieb mich auf meiner italiänischen Reise die Sehnsucht, das Stammvolk der protestantischen Christenheit, das sich mit unerschütterlicher Glaubenstreue und mit der seltensten Ausdauer das Licht im Dunkel bewahrt hat, in seiner gegenwärtigen geistlichen und sittlichen Richtung kennen zu lernen. Mein verlängerter Aufenthalt in Turin für bibliothekarische und kritische Zwecke erleichterte die Ausführung dieses Lieblingswunsches. Im Anfange des Novembers 1833 reiste ich nach Pignerol, der noch katholischen Eingangsstadt in die Thäler, in einer bezaubernden Berggegend und balsamischer Luft gelegen, daher manche der Turiner hier Sommerwohnungen und Erholung suchen. Das heiterste und klarste Wetter begünstigte diesen Besuch. Der Charakter der Thäler ist nicht eben rauh und schroff, mit gemässigten Abdachungen, die Berge bald mit Holz besäet, bald nackt und kahl; in etwas dem Plauenschen Grunde bei Dresden vergleichbar. Die Vereinigung der ziemlich rauschenden Flüsschen des Pelis und Cluson belebt das gegen sein Ende hin nach den Gränzen Frankreichs immer enger zulaufende Hauptthal Lucerne.

Ich traf noch an Einem Tage mit dem Grafen von WALDBURG-TRUCHSESS, königl. preuss. Gesandten zu Turin, dem verdienstvollen Gönner und Schutzherrn der waldensischen Gemeinden, der mir um Weniges vorausgegangen war, in Pignerol zusammen, wo er die Aeltesten und Vorsteher der Waldenser, an ihrer Spitze den modérateur (Rostaing père) zu einer Conferenz über die im Dec. vorigen Jahres zu haltende Synode zusammenberufen hatte, gesonnen, wenige Tage später mit dem Hofe nach Genua abzureisen.

Die reine Luft dieses anmuthenden Ortes wird unterhalten durch rechts und links gelegene nicht allzuhohe Berge

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mit Schneegipfeln. Die Tracht des piemontesischen Landvolkes, besonders der Frauen, erinnert an das siècle de Louis XIV., ihre Hauben sind einem Heiligenschein ähnlich, ihre Röcke den Reifröcken.

In diesem katholischen Pignerol wollte man noch 1829 veraltete Gesetze von 1620 und andere gegen den Aufenthalt mehrerer waldensischen Kaufleute daselbst geltend machen; nur der dringenden Verwendung des preussischen Gesandten gelang es, dahin zu wirken, dass die alten Gesetze ignorirt wurden, und man den Angesiedelten verstattete, zu bleiben. Aufgehoben ist überhaupt kein altes der nachtheiligen und beschränkenden Gesetze gegen die Waldenser; ihre gegenwärtige leidliche Existenz (denn mehr kann man es nicht nennen) verdanken sie den persönlichen Gesinnungen des Königs und der Nachgiebigkeit und Milde der meisten Beisitzer des Staatsrathes; wogegen, wie bemerkt, noch einige strenge Freunde der alten Ordnung sich finden. Begrändet aber, rechtlich begründet ist ihr bürgerlicher Zustand noch immer nicht. Ich traf mit dem Generalconsistorium (la table genannt) in Pignerol zusammen, die erwünschteste Gelegenheit, mich von den Verhältnissen der Gegenwart in diesen werthen Kirchen der Zerstreuung aufs genaueste zu unterrichten. Die Synode wird gehalten aller 4-5 Jahre, auf welcher zugleich der modérateur wechselt. Das geistliche Ober-Präsidium besteht aus zwei geistlichen und zwei weltlichen Mitgliedern, einem Sekretair, gleichfalls einem Geistlichen, dem modérateur und dem trésorier des Hospitals. Bei der Synode sind noch zwei weltliche Deputirte aus jedem Kirchspiele zugegen, die Eine Stimme haben; der Geistliche hat ebenfalls Eine. Die Deputirten der Kirchspiele werden in den Kirchen selbst laut durch Ausrufung ihrer Namen erwählt. Ich traf die table selbst à table und wurde freundlichst zur Theilnahme eingeladen. So ward ich einmal auf meinen Wanderungen in den Thälern von mitten im Freien Mittag haltenden Landleuten Gesellschaft zu leisten, freundlich aufgerufen. Gleich patriarchalische Einladung erging an meine Reisegefährten und an mich einmal im Innern Siciliens, wo die Schnitter unter freiem Himmel tafelten. Die

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