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wir in der Entwickelungsreihe der Thiere sich entwickeln. Sie fangen bei den niedrigsten Thieren an mit schwacher Sinneswahrnehmung und Empfindung und enden mit der durch die Sprache bedingten menschlichen Vernunft; ähnlich wie bei jedem. einzelnen Menschen sich der Geist von dem kindischen thierähnlichen Zustande zu dem gereiften Denken späterer Jahre ausbildet. Bei jedem Einzelwesen tritt in dieser Entwickelung durch die Einwirkung der äussern Natur ein Stillstand und darauf eine Abnahme bis zum Tode ein. Mit dem Sterben des Leibes erlischt bei den Thieren auch die Seele, die ohne den Leib nicht zu denken ist, d. h. die Kräfte, welche unter der Form der Seele wirkten, gehen jetzt in andern Gestalten in die chemische Auflösung des Körpers über. Die inductive Methode setzt auch bei der menschlichen Seele bei analogen Erscheinungen analoge Gesetze voraus. Auch die menschliche Seele ist ohne den menschlichen Leib nicht zu denken. Wir sind in unserm geistigen Wesen für die Erde angelegt. Ein rein geistiges Fortleben der Seele wäre also, wie ein Wunder, gegen die ausnahmslose Gültigkeit der Naturgesetze im Organischen. Auch würde dies Fortleben, da unsere Empfindung nur durch die Nerven vermittelt wird, ohne Empfindung sein; ein Himmel mit sinnlichen Genüssen, eine Hölle mit sinnlichen Schmerzen ist darum unmöglich. Da die körperliche Welt unendlich ist, bleibt aber für ein körperloses Dasein kein Raum. Es giebt ebenso wenig einen Himmel der Seligen über dem Sternenzelt, wie es eine Hölle der Verdammten unter der von uns bewohnten Erdrinde giebt.

Ich fasse das Erörterte zusammen. Die Naturwissenschaft führt: 1. zu einer Verwerfung der biblischen Kosmologie und der biblischen Schöpfungstheorie; 2. zur Verwerfung der Lehre von der Gnadenwahl und Prädestination überhaupt; 3. zur Verwerfung aller Zeichen und Wunder; 4. zur Verwerfung einer körperlosen Fortdauer der Seele, eines Himmels und einer Hölle. Dies scheint doch gleichbedeutend mit einer Verwerfung des Christenthums, ja der Religion überhaupt. Und in der That, diese Consequenz wird jetzt offen gezogen. Eine Fluth von atheistischen Brochüren und Zeitungsartikeln wird gegenwärtig unter unserm Volke verbreitet und in denselben wird immer darauf hingewiesen, dass nur die sichern Resultate der Naturwissenschaft geboten werden. In der eben erschienenen 2. Auflage eines Werkes von Büchner Der Mensch und seine Stellung in der Natur" heisst es: „Die Religion ist nicht minder wie Verbrechen und Sünde ein Erzeugniss der Unbildung und Unwissenheit." Was speciell das Christenthum angeht, so steht dasselbe durch seinen dogmatischen Theil und Inhalt in einem so grellen und unversöhnlichen, ja geradezu lächerlichen Widerspruch mit allen Erwerbungen und Grundsätzen der neuern Wissen

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schaft, dass das künftige tragische Schicksal desselben nur noch eine Frage der Zeit sein kann." Es ist bekannt, dass David Strauss, welcher das Christenthum doch zum Hauptgegenstand historischer Studien gemacht hat, in seiner neuesten Schrift: Der alte und der neue Glaube" auf Grund der Naturwissenschaften zu demselben entschiedenen Urtheil gelangt. Als ehrliche, aufrichtige Menschen, sagt er darin, müssen wir bekennen: Wir sind keine Christen mehr." Ja wenn man unter Religion die Verehrung eines persönlichen Gottes versteht, so müssen wir nach Strauss erklären, dass wir auch keine Religion mehr haben.

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Und doch folgt dies durchaus nicht mit Nothwendigkeit aus den Resultaten der Naturwissenschaft. Ich will dies auf einem scheinbaren Umwege beweisen, indem ich auf Plato zurückgehe; denn meine Absicht ist es ja, Ihnen die Wichtigkeit der platonischen Philosophie für die Lösung der religiösen Fragen der Gegenwart darzulegen. Es kann dies Unterfangen seltsam erscheinen. Was für Dienste kann Plato der Religion gegen die modernen Naturwissenschaften leisten? Ein Ein Denker in jener alten Zeit, welcher weder vom Christenthum noch von den modernen Naturwissenschaften etwas wusste, scheint eine schlechte Autorität, wenn es sich darum handelt, den Streit zwischen beiden zu schlichten. Und doch behaupte ich, dass er gerade durch seine angegebene historische Stellung eine ganz vorzügliche Autorität in diesem Streite ist. Ich zeige dies zunächst kurz in Bezug auf die Thatsachen, die ich bis jetzt erörtert habe.

Plato stand tief unter unserer jetzigen Naturerkenntniss. Er war noch der Meinung, die Erde sei der stillstehende Mittelpunkt des Universums; um sie bewegten sich von Osten nach Westen die sämmtlichen Gestirne; die Planeten, zu denen der Mond und die Sonne gehörten, bewegten sich ausserdem von Westen nach Osten in besonderen Bahnen und verschiedenen Abständen von von der Erde innerhalb der Ekliptik. Der Fixsternhimmel war für ihn die Grenze der körperlichen Welt, die also nicht unendlich war. Chemische Elemente in unserm Sinne kannte er nicht; Feuer, Wasser, Luft, Erde und Aether waren ihm die physikalischen Grundgestalten. Er wusste, wie das ganze Alterthum, nichts von Nerven. Er sah die Menschen nicht als entwickelte Affen, sondern umgekehrt alle Thiere als herabgesunkene Menschengestalten an, in denen die Seelen derer fortlebten, die in dem menschlichen Dasein unwürdig gelebt hatten. Aber er war sich klar bewusst, dass dies alles nur Hypothesen waren, zu welchen ihn der damalige engere Kreis der Erfahrung berechtigte und sprach es aus, dass er jederzeit bereit sei, diese Hypothesen gegen bessere aufzugeben. Gewissheit dagegen behauptete er über das Wesen der Seele überhaupt und des Denkens ins

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besondere zu haben. Er behauptete im Anschluss an seinen grossen Lebrer Sokrates, man könne hierüber Gewissheit erlangen, wenn man sein eigenes Innere und das Leben der Menschen studire. Das eigene Bewusstsein schien ihm zugänglicher als die äussere Natur und hier, in der Welt im Kleinen, meinte er, müssten auch die Forschungen über die Welt im Grossen beginnen. Da, in der Tiefe des menschlichen Geisteslebens, war ihm nun die Gewissheit aufgegangen, dass ein Gott existire - hoch erhaben über die Vorstellung der vielen Götter, welche sein Volk hatte, und in jener Zeit, wo das schöne Griechenland seinem Verfall entgegenging, erklärte er, Rettung sei nur zu finden, wenn die unwürdigen Vorstellungen von der Gottheit gleich im ersten Jugendunterricht ausgeschlossen würden. Und welche Vorstellungen will er an die Stelle des Aberglaubens setzen? Dieselben, worauf in unseren Tagen die Naturwissenschaften führen. Ich werde dies kurz beweisen. Wenn er aber aus dem Wesen des von ihm angenommenen lebendigen Gottes das ableitet, was jetzt aus der Erkenntniss der Natur abgeleitet wird, so spricht dies gewiss für die Tiefe seiner Gottesidee.

In seinem grossen Werke über den Staat verlangt Plato, dass das göttliche Wesen als in sich eins, als gerecht, als thatkräftig und weise schon in den Mythen des ersten Jugendunterrichts dargestellt werden müsse3). Denn in diesen 4 Eigenschaften findet er die 4 Hauptpunkte geistiger Vollkommenheit. Und so macht er denn folgende Vorschriften.

Wenn das Göttliche in sich eins ist, so darf darin kein Streit und keine Entzweiung gedacht werden. Die griechische Sage hatte die in allen grossen Mythologien wiederkehrende Vorstellung der Dreieinigkeit eigenthümlich ausgebildet. Der Polytheismus war nicht das Ursprüngliche in der griechischen Mythologie, sondern uranfänglich wurde von allen arischen Völkern der eine Gott des Himmels verehrt; als dieser nun durch die wuchernde Phantasie der Naturvölker in viele Gestalten gespaltet wurde, blieb er doch daneben als Herrscher und Vater der anderen Götter bestehen. Aber er selbst wurde nach drei verschiedenen Seiten aufgefasst und diese drei Auffassungen verdrängten einander. Die Sage drückte dies so aus: es habe erst Uranos, dann sein Sohn Kronos, dann dessen Sohn Zeus geherrscht und einer habe den andern gestürzt*). Plato erklärt sich entschieden gegen die Vorstellung einer Entzweiung des Göttlichen, welche hierdurch geweckt wird. Er verlangt ironisch, dass solche Vorstellungen, wenn darin ein heiliges Mysterium liegen sollte, als solches auch nicht profanirt werden, sondern nur wenigen etwa in einem Geheimgottesdienste mitgetheilt werden dürften, zu welchem man nur nach Erlegung hoher Einweihungsgebühren zugelassen würde. Entzweiung der Gottheit findet er

auch in dem Kampfe derselben gegen niedere Geister, wie in dem Nach demselben Grundsatze hätte er die Titanenkriege. Vorstellung von dem Kampfe Gottes mit den Geistern der Finsterniss verworfen "). Mag, sagt er, in solchen Vorstellungen ein verborgener Sinn stecken oder nicht die Jugend ist nicht im Stande zu unterscheiden, worin dieser verborgene Sinn besteht; aber die Phantasien, die in den Jahren der Jugend aufgenommen werden, sind schwer auszutilgen und umzuändern". Gerade die würdige Vorstellung von der durchgängigen Harmonie des göttlichen Wesens führt also Plato zur Ausschliessung alles dämoniUnd hiermit stimmt überein, schen Zwiespaltes in der Welt.

wenn er die Welt als eine einheitliche ansieht, deren Theile nach mathematischen Gesetzen geordnet und bewegt sind. Auch er nimmt die Ewigkeit des aus unzerstörbaren Atomen bestehenden Stoffes, die Ewigkeit der von Gott gewirkten und jene Atome bildenden Kraft an, nur dass ihm diese Kraft als Beseelung der Welt erscheint und die Atome sind nicht an sich unlösbar, sondern damit die Einheit der Welt erhalten bleibe. Die Welt ist eine ewige Schöpfung Gottes.

Aus der Gerechtigkeit Gottes schaft, die ihm Plato beilegt

- der zweiten Grundeigenleitet er ferner ab, dass Gott nicht nach Belieben Gutes und Böses austheilen kann. Denn schon Homer hatte diese göttliche Willkür gelehrt; er sagte, es seien 2 Gefässe gestellt an die Schwelle Kronions:

Voll das eine von Gaben des Wehes, das andre des Heiles. Und wem nun vermischt Zeus von beiden giebt:

Solchen trifft abwechselnd ein böses Loos und ein gutes; wem aber nicht, sondern unvermischt das Eine:

Diesen verfolgt herznagende Noth auf der heiligen Erde. Eine solche Gnadenwahl ist nach Plato der Gerechtigkeit Gottes zuwider. Ueberhaupt ist Gott nur als Ursprung des Guten zu denken. Das Böse ist Schuld des Menschen oder geht aus der Nothwendigkeit hervor. Denn als freies Wesen muss der Mensch des Irrthums fähig sein, und die Welt muss deshalb unvollkommen, d. h. entwickelungsfähig sein, damit der Mensch sie frei entwickele. Das wahrhaft Göttliche im Menschen ist sein vernünftiges Denken, und dies nennt Plato den Genius, der die Seele leitet®). Die Herrschaft der Vernunft über die niedern Triebe der Seele, doch so, dass diese dadurch nicht unterdrückt werden, sondern slch erst recht entwickeln, ist ihm die Freiheit; die Forderung der Gerechtigkeit, dass jedem der seinen Anlagen zukommende Platz werde, fliesst bei ihm gerade aus der göttlichen Gerechtigkeit, welche der Mensch zum Vorbilde nehmen. soll. Er ist der erste, der den Staat als einen grossen Organismus, gegründet auf die Theilung der Arbeit, hingestellt hat. Der Staat ist nach ihm der Mensch im Grossen. Freilich entwickelt

sich der Mensch bei ihm nicht aus einem affenähnlichen Zustande, sondern ist ursprünglich gut, wenn auch nicht vollkommen, sondern an die Natur gebunden. Durch den Kampf ums Dasein wird. er sich seiner Freiheit bewusst; durch Irrthum gelangt er zur Wahrheit, durch das Uebel zur Herrschaft der Vernunft. Und darin besteht nach Plato die Prädestination. Alles ist auf das Beste von Gott geordnet, so dass der Mensch frei werden kann; seine geistige Freiheit und dadurch seine Herrschaft über die Erde ist in Gottes ewigem Rathschluss prädestinirt.

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Die Weisheit Gottes aber seine dritte Grundeigenschaft erfordert nach Plato die unbedingte Gültigkeit der Naturgesetze. Die Weisheit besteht in der völligen Erkenntniss und Durchführung der Wahrheit. Daraus folgt zunächst, dass Gott nicht in das Irdische, Unvollkommene herabsinken kann; denn ihn-zwingt dazu nichts, da alles in ihm und durch ihn ist und er ist vollkommen: jene Selbsterniedrigung wäre eine Unwahrheit in Gottes Wesen. Somit verwirft Plato die mythische Vorstellung, wonach Gott in Menschengestalt auf Erden wandeln könnte eine Vorstellung, welche aus dem griechischen Heidenthum ins Christenthum übergegangen ist, wenn Christus als wahrhaftiger Mensch zugleich wahrhaftiger Gott genannt wird. Auch ist Gott schliesst Plato weiter kein Gaukler, so dass er uns in Wort oder That Truggestalten vor die Seele führen sollte. Die Menschen bedürfen aus Unvollkommenheit der Unwahrheit --wir dichten, wo unser Wissen nicht ausreicht; wir täuschen die Feinde durch List um uns vor ihnen zu sichern, wir täuschen die Freunde, die welche wir lieben, wenn ihnen die Wahrheit verderblich wäre. Gott hat diese Mittel nicht nöthig. Er ist zunächst kein Dichter; denn ihm ist alles offenbar. Unmöglich also würde Plato eine der Wahrheit widersprechende Erzählung wie die vom Stillstand der Sonne und des Mondes für offenbart anerkennen. Gott hat auch nicht nöthig, seine Feinde zu täuschen, und die, welchen die Wahrheit schadet, sind nicht seine Freunde. Somit thut Gott keine Zeichen und Wunder. Das Wahre ist nach Plato das mit Nothwendigkeit Geschehende. So geschieht alles also nach unverbrüchlichen Gesetzen. Nur schwindet hier das bei der mechanischen Naturanschauung unauflösliche Räthsel, woher denn diese unverbrüchlichen Gesetze stammen. Sie sind eben von einem weisen Gesetzgeber seit Ewigkeit gesetzt. Plato lässt demnach die grosse Offenbarung Gottes in Natur und Geschichte bestehen ohne Zeichen und Wunder. In jedem Menschen, behauptet er, wirken Kräfte, durch welche die Gottheit sich ihm offenbart und er nennt diese unmittelbare Offenbarung den Enthusiasmus, die Erfüllung vom göttlichen Geiste'). Wir sagen jetzt, indem wir den Begriff des Göttlichen, der in dem Worte liegt, fortlassen, Begeisterung. Sie besteht nach Plato darin, dass jene,

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