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eingehend behandelt. Aber nur ein Teil der von Gunkel behandelten Stellen trägt in der Form wirklich mythologischen Charakter. Zimmern hat mit Gunkel angesichts der Stellen, die direkt hinter dem Kampfe von der Schöpfung der Welt durch Jahve sprechen, den Schluß gezogen, daß hier deutliche Spuren einer älteren Rezension der Schöpfungserzählung vorlägen, die dem im Epos ,,Enuma elis“ vorliegenden babylonischen Mythus näher ständen, als 1 Mos I in seiner jetzigen Gestalt, und daß der in Israel ursprünglich bekannt gewesene Kampf des Schöpfergottes in 1 Mos 1 absichtlich unterdrückt worden sei und in der Nennung der Tehom als Urwasser noch eine dunkle Spur zurückgelassen habe. Daß der Jahve-TehomDrachenkampf und der Marduk-Tiâmat-Kampf ein und demselben Vorstellungskreis angehören, halten auch wir für sicher. Aber wie wir der rein literarischen Entlehnung widersprechen (s. unten S. 85 f.), so lehnen wir auch die Ansicht ab, die in den alttestamentlichen Anklängen ein Residuum altisraelitischer Religion (im Gegensatz zu geläuterten religiösen Vorstellungen der späteren Zeit) sieht. Es handelt sich an den betreffenden Stellen bei Hiob, Jesaias, in den Psalmen um Bilderrede in gehobener Sprache, die ihre Züge und Farben der auch in Kanaan bekannten altorientalischen Mythologie entnimmt, genau so, wie es die gehobene christliche Rede tut, insbesondere die Kanzelrede, nur daß uns außer dem Gebiete der orientalischen Mythologie noch die germanische reiche Anregung bietet.1 Wenn der Israelit den Kampf Jahves wider böse Mächte schildern will, so kleidet. er das in die Bilder vom Kampfe Marduks mit Rahab oder Leviathan, die aus der orientalischen (babylonischen oder ägyptischen) Mythologie genommen sind, ebenso wie er bei Schilderung der Todesschrecken an den altorientalischen Totenfluß (,,Bäche Belials schreckten mich") denkt.2 Wenn der Verfasser der Priesterschrift derartige poetische Anspielungen vermeidet, so liegt das an seiner besonders strengen Richtung, die auch den Schein mythologischer, heidnischer Vorstellungen vermeiden will. 3

1) Man vergleiche Luthers Schmalkaldische Artikel mit ihrem Kampf wider den Drachenschwanz in Rom. Manche Gesangbuchlieder sind voll von mythologischen Anspielungen (z. B. die alten Osterlieder, die Christi Sieg besingen).

2) Auf alte Elemente der israelitischen Religion hieraus zu schließen, wäre ebensoverkehrt, wie wenn man Schiller für die griechische Religion reklamieren wollte, weil er in der Glocke die teure Gattin vom schwarzen Fürsten der Schatten wegführen läßt usw.

3) Der Elohist redet oft von den Engeln. Der Jahvist setzt dafür

Der Kampf Marduks und der Kampf Jahves.

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Die wichtigsten Stellen, die hier in Betracht kommen, sind die folgenden:

Hi 26, 12 f. In seiner Kraft schlug er das Meer,

und in seiner Klugheit zerschmiß er Rahab (mascul.),
durch seinen Wind ..... der Himmel,

seine Hand durchbohrt die naḥaš (Schlange) bariah.1

Vgl. die,,Helfer Rahabs, die sich unter Jahve krümmten“ Hi 9, 13 mit den ,,Helfern der Tiâmat“ S. 53. Hi 3, 8 stehen die „,Tagverflucher“ (Zauberersekte?), also die Widersacher des Lichtes, bez. Lichtgottes, (wozu man beachte, daß Enuma eliš I, 109 die Marduk feindlichen Götter den Tag verfluchen und an Tiâmats Seite treten) im Bunde mit den finsteren Leviatan und Rahab.

Ps 89, 11 ff.: Du hast zerschmettert. . . . Rahab (v. 10 vgl. Hi 9, 13 parallel

mit starkem Arm deine Feinde zerstreut;
Idein ist der Himmel, dein die Erde,

„Meer")

tebel (Erde im Gegensatz zu raķî'a) und was sie füllt, hast du

Jes 51, 9 f.: Auf auf, wappne dich mit Kraft, Jahves Arm!

gegründet.

Auf wie in den Tagen der Vorzeit, den Geschlechtern der

Bist du's nicht, der Rahab zerschmetterte,
den tannîn 3

Ps 74, 13 f.: Du hast gespalten machtvoll das Meer;

Urzeit!

hast zerbrochen die Häupter der tannînîm im Wasser;
du hast zerschlagen die Häupter Leviathans

Es folgt der Lobpreis des Schöpfers, der Mond und Sonne, Tages- und
Jahreszeiten geschaffen hat.

Jahve (1 Mos 28). Er mag wissen, daß von einer einwandfreien Engelvorstellung bis zur heidnischen, wie sie sich in der Tat im späteren Judentum ausgebildet hat, kein weiter Schritt ist. So vermeidet er die Engel ganz.

1) Es liegt die Vorstellung vom Sternbilde des gekrümmten Drachen am Nordhimmel und vorher der Schlange am Südhimmel zu Grunde. S. unter Jes 27, 1.

2) Übersetzung allerdings unsicher.

3) Zu tanninu Erde, eig. Drache s. S. 55, Anm. 6.

*) Man hat, wie z. B. die Fortsetzung dieser Stelle zeigt, bei der Schilderung gelegentlich insbesondere an den Sieg über Ägypten in der Urzeit und an die Durchschreitung des roten Meeres gedacht, s. zu 2 Mos 14, 23 ff. Aber daraus folgt nicht, daß speziell an ägyptische mythologische Elemente (etwa Rahab als Emblem des Krokodils) zu denken ist.

5) Hrozný denkt an einen Zusammenhang mit dem labu-Drachenungeheuer der babylonischen Mythologie S. 57f., s. MVAG 1903, S. 264 ff. Zu Leviatan als mehrköpfige Schlange s. auch Jes 27, 1, vgl. S. 57, Anm. 3.

Jes 27, 1:

An diesem Tage wird Jahve zu seinem Sichelschwerte1 greifen gegen den Lev'jatan, den naḥaš bariah und gegen Lev'jatan, den gekrümmten naḥaš, und den tannîn im Meere 2 wird er töten.

Für die formelle Verwandtschaft der babylonischen und biblischen Vorstellungen vom Kampf und Sieg Marduks bez. Jahves kommt aber vor allem eine bisher nicht genügend beachtete Stelle in Betracht, die den Kampf Jahves wider eine feindliche Weltordnung in den gleichen Formen schildert, wie man sich den Kampf Marduks gegen Tiamat und die Götter einer feindlichen Welt vorzustellen hat. Jes 24, 21 ff. Jahve besiegt hier die heidnischen Könige und die „Heere der Höhe“, das sind die Sterne samt Mond und Sonne (vgl. v. 23, also die den alten Orient beherrschende Götterwelt). Das Ende wird sein, daß Jahve ihre Herrschaft stürzt, sie einsperrt, wie Ea den Mummu, s. S. 53, und Marduk die Helfer Tiâmats, s. S. 54, um dann von Zion dem Weltmittelpunkte aus die Königsherrschaft über die Welt anzutreten. 3

Schlußwort zur „Schöpfung“.

Die vorstehenden Ausführungen dürften zur Genüge zeigen, daß die Schöpfungsberichte von I Mos nach der Form ihrer Erzählung und nach dem ihnen zugrunde liegenden Weltbilde demselben Boden entsprossen sind, wie die übrigen altorientalischen Schöpfungsberichte. Daß den Israeliten bestimmte altorientalische Schöpfungserzählungen bekannt waren, zeigen u. a. die poetischen Stellen, die Jahve im Kampfe und Siege. wider den Drachen des Urchaos zeigen; auch 2 Pt 3, 5 f. liegt eine Vorstellung zugrunde, die der babylonischen Kosmogonie näher steht, als der kodifizierten Erzählung 1 Mos 1.

Die herrschende Annahme einer literarischen Abhängigkeit der biblischen Weltschöpfungsstoffe von babylonischen Texten ist hinfällig oder kommt angesichts der den ganzen Orient beherrschenden gemeinsamen Weltanschauung gar nicht oder wenigstens (wie bei der Sintflut) erst in der zweiten oder

1) Marduks Waffe, s. Winckler, F. III, 220 f.

2) Zu tannin s. oben S. 55, Anm. 6 und S. 83. Kautzsch:,,Das Krokodil im Nil“, s. die Anm. 4 auf voriger Seite.

3) S. zur Stelle noch S. 70 und 80. V. 23 b ist ein nachträglich hinzugefügtes Liederzitat; die vorhergehenden Sätze reden mit alten Worten und Begriffen.

Schlußwort zur ,,Schöpfung“.

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dritten Linie in Betracht. Die Vorstellungen von der Schöpfung sind Gemeingut des alten Orients. Sie sind gewandert und

haben ihre Ausprägung je nach der herrschenden,,Wissenschaft" empfangen. Babel und Bibel haben hier nur die Einkleidung gewisser Gedanken gemeinsam. Wenn ein Israelit über Weltentstehung redete, so bewegte er sich unwillkürlich in dem Ideenkreis des altorientalischen Weltbildes. Und wenn auch seine Vorstellungen von höheren Einflüssen befruchtet wurden, so blieb doch die Form seiner Erzählungen die Bildersprache, deren er sich bediente und nur bedienen konnte unter dem Einflusse der ihn umgebenden Welt. Während aber z. B. in Babylon die ,,Wissenschaft“ von der Kosmogonie selbst Bestandteil der Religion ist, dient sie in der Bibel nur als Ausdruck einer ganz einzigartigen, über Babel hoch erhabenen religiösen Gedankenwelt.

Die Erhabenheit der biblischen Erzählung in I Mos I und 2 über jede heidnische, und insbesondere über die babylonische Kosmogonie und ihr religiöser Wert liegt in den folgenden Punkten 2:

I. In der Sicherheit, mit der hier Gott gesagt wird. Alle heidnischen Schöpfungserzählungen berichten zugleich von der Entstehung der Götter: die Kosmogonien sind auch Theogonien. Der Gott, der in I Mos I Himmel und Erde gemacht, hat nichts mit der Schöpfung gemein; er steht erhaben seinem Werke gegenüber.

1) H. Gunkel sagt übrigens unter vorsichtiger Zurückhaltung (s. Genesis 1109 f.), die in 1 Mos 1 vorliegende hebräische Tradition oder vielmehr die vorauszusetzende Urrezension müsse vor allem deshalb von dem babylonischen Mythus (gemeint ist immer nur der in Enuma eliš vorliegende Mythus) abhängig sein, weil die beiden Traditionen die Zerteilung des Urwassers gemeinsam haben, und weil diese Tradition nur in einem Lande denkbar sei, wo im Winter, in der finsteren Jahreszeit, überall Wasser herrscht, im Frühling aber, wo das neue Licht entsteht, die Wasser nach oben und unten geteilt werden. Man werde also auf ein Land schließen müssen, wo der Winterregen und große Überschwemmungen das Klima bestimmen: ein solches Land sei nicht Kanaan, aber Babylonien. Wir wollen davon absehen, daß hier als sicher vorausgesetzt wird, daß hinter Tehôm sich die Vorstellung von Tiâmat verbirgt. Aber die Spaltung der Tiâmat ist aus dem Weltbild zu erklären, nicht aus klimatischen Verhältnissen (denselben Einwand erhebt, wie ich nachträglich sehe, Nikel, Genesis und Keilschriftforschung, S. 75, mit dessen Weltbild ich freilich nicht allenthalben einverstanden bin), s. S. 55.

2) S. mein,,Kampf um Babel und Bibel" S. 17.

2. Die bei der Schöpfung wirkenden Mächte und die einzelnen Teile der sichtbaren Schöpfung erscheinen in den übrigen orientalischen Kosmogonien als Götter und Ungeheuer. Von diesen mythologischen Gestalten ist in 1 Mos I keine Spur zu finden. Nur dort, wo die volkstümliche Poesie den Sieg des lebendigen Gottes über irdische und überirdische Mächte schildert, tauchen sie (wie in der christlichen Poesie die germanischen mythologischen Gestalten) in Bilderrede auf (Rahab, Leviathan).

3. Die Tendenz der biblischen Erzählung von der Schöpfung ist eine rein religiöse. Sie soll zur Anbetung und Dankbarkeit gegen den allmächtigen Schöpfer und Erhalter der Welt stimmen. Man vergleiche den lyrischen Widerhall von 1 Mos I in Ps 104. Die heidnischen Kosmogonien sind nicht religiösen Zwecken dienstbar. Das Epos Enuma eliš hat z. B. einen politischen Zweck: es will beweisen, daß Babylon die Weltherrschaft gebührt. Der Stadtgott Marduk hat die Welt erschaffen.

Die siebentägige Woche und der Sabbat.

1 Mos 2, 3: „Und es segnete Gott den 7. Tag und heiligte ihn."

Die siebentägige Woche und zwar eine durch das ganze Sonnenjahr hindurchrollende Woche von sieben Tagen bildet die Einheit des israelitischen Kalenders. Die Einrichtung dieser fortrollenden Woche (šabû'a vgl. I Mos 29, 27; Jud 14, 17)1 bedeutet eine große Geistestat. Woher es die Israeliten haben, ist nicht nachweisbar. Erfunden haben sie das kaum; wir haben keine Spuren davon, daß sich die in kulturellen Dingen durchaus abhängigen Israeliten mit dergleichen beschäftigt haben. In Babylon ist in dem bisher zugänglichen Material nur eine fortrollende Fünferwoche (hamuštu) nachweisbar.2 Die Siebenerwoche kennen die uns bekannten Hemerologien nur innerhalb der einzelnen Monate. Spuren einer fortrollenden siebentägigen Woche zeigt die Bedeutung des 19. Tages, der als 7 x7 = 49. Tag, vom Beginn des vorhergehenden Monats an gezählt,

1) Spuren einer daneben gebräuchlichen zehntägigen Woche liegen vielleicht vor 2 Mos 12, 3: der Monat würde dann in drei Zehner geteilt sein; 3 Mos 16, 29; 23, 27; 25, 9: der zehnte Tag des Monats der Askese und Ruhe geweiht, ein Versöhnungstag; vgl. auch die Redensart,,einen Tag oder zehn" 1 Mos 24, 55.

2) In den kappadokischen Tafeln, s. Winckler, F. II, S. 91 ff. Spuren davon in Hemerologien, die den 5. Tag auszeichnen.

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