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Die mystischen

Erscheinungen des Seelenlebens

und

die biblischen Wunder.

Ein apologetischer Versuch

von

Johannes Kreyher.

„Die Vernünftelei, daß Wunder jezt
nicht mehr nöthig seien, ist Anmaßung
größerer Einsicht als ein Mensch sich
wohl zutrauen soll."

Kant.

Erster Theil:

Die mystischen Erscheinungen des Seelenlebens.

Stuttgart, 1880.

Druck und Verlag von J. F. Steinkopf.

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49 K92m

Vorwort.

Nachdem der Naturalismus herrschende Denkweise geworden ist, wird das Wunder auch von den Vertretern der christlichen Weltanschauung in der Regel nur noch der heiligen Geschichte reservirt. Aber man kann den Wunderglauben nicht für ein beschränktes Gebiet aufrecht erhalten, wenn man ihn im Uebrigen principiell verwirft. Aus dieser Ueberzeugung ist das vorliegende Buch entstanden. Grundvorausseßung desselben ist eine klare und bestimmte Auseinanderhaltung der Begriffe: Wunder und Offenbarung, ohne welche freilich eine ersprießliche Behandlung dieses Themas unmöglich ist. Damit fallen aber auch alle Bedenken, welche man vom Standpunkt des Offenbarungsglaubens gegen dasselbe erheben kann. Mag immerhin, wie Fechner sagt, zwi= schen den mystischen Erscheinungen unserer Tage und den biblischen Wundern ein solcher Gegensatz im Character bestehen, daß es als Blasphemie erscheint, sie in eine Rubrik zu bringen um dem Christenthum damit aufzuhelfen," so hat dies doch eben nur einen Sinn in dieser Beschränkung auf den Character. Nach der formalen Seite, als Vorgänge in der Sinnenwelt, die sich aus bloßen Naturgesehen nicht erklären lassen, brauchen sie gar nicht erst in dieselbe Rubrik gebracht werden, weil sie schon von Kreyher, Die myst. Erschein. des Seelenlebens. I.

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selber darin sind. Der Gegensaß ist kein anderer, als derjenige zwischen profaner und heiliger Geschichte überhaupt, und je deutlicher er hervortritt, je problematischer der sittlich-religiöse Character der profanen Wunder, desto zweifelloser die einzigartige Dignität der biblischen, als göttlicher Offenbarungen. In Bezug auf Träume, Visionen, Prophezeiungen, Wunderheilungen ist man an diese Auffassung längst gewöhnt. Es ist nicht einzusehen, warum sie für die mediumistischen Phänomene unzulässig sein sollte. Zwar behauptet man, daß es sich dabei um Manifestationen jenseitiger Geister handelt, aber abgesehen davon, daß dies noch nicht unbedingt feststeht, wird dadurch an der Sache nichts geändert. Noch weniger kann die Ansicht, daß man es mit dämonischen Wundern zu thun habe, ein Grund sein, sie zu ignoriren. Die Furcht vor dem Spott der Welt wird daran wohl überall mehr betheiligt sein, als die Furcht vor dem Teufel. Der Spiritismus freilich, als ein auf Geisterbotschaften beruhender Glaube an Lehren, die mit der biblischen Offenbarung in Widerspruch stehen, fällt für den Christen unter das Gericht des Wortes: „So auch ein Engel vom Himmel euch ein anderes Evangelium predigt, der sei verflucht!" Gal. 1, 8. Aber die Ueberzeugung von der Realität mediumistischer Erscheinungen ist nicht Spiritismus, sondern Wunderglaube und als solcher allerdings geeignet, die Sache des Christenthums dem heutigen Zeitbewußtsein gegenüber auf das Wesentlichste zu fördern. Denn die Wunderleugnung, mit der es vor Allem zu kämpfen hat, nimmt nicht an dem Character der biblischen Wunder Anstoß, sondern an ihrer rein formellen Möglichkeit. Könnte diese der modernen Bildung nachgewiesen werden, so würde sie sicherlich von allen Wundern am liebsten die biblischen acceptiren. Uebrigens folgt eine Empfehlung mediumistischer Experimente in der Praxis aus dieser Sachlage mit nichten. Vielmehr sollten solche der ernsten, wissenschaftlichen Forschung vorbehalten bleiben, denn müßige

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Wundersucht ist unchristlich (vergl. Matth. 16, 4) und führt nur allzuleicht auf allerlei Verkehrtheiten und Abwege.

Diese Erklärung glaubte ich schon hier voranschicken zu müssen, um Mißverständnisse, zu denen der Titel Veranlassung geben könnte, gleich von vorn herein abzuschneiden. Was die Eintheilung des Stoffes betrifft, so hätte sie auch nach andern Gesichtspunkten geschehen können. Mir schien es am angemessensten, die einzelnen Gruppen nach ihrem Fortschritt vom Subjectiven zum Objectiven zu ordnen und überall die allmähliche Steigerung des Wunderbaren zur Anschauung zu bringen. Meinem Zwecke gemäß beschränkte ich mich auf dasjenige, was zur Illustration der biblischen Geschichte dienen kann und am besten beglaubigt ist. Ein entschlossener Skepticismus ist freilich durch nichts zu überzeugen, wer aber Aussagen vernünftiger Augenzeugen als Quelle geschichtlicher Thatsachen gelten läßt, wird es schwer finden, angesichts des Mitgetheilten eine platte Negation festzuhalten. Jedenfalls widerlegt es den Grundsaß der modernen Bibelkritik, daß Wunderberichte nie von Augenzeugen und Zeitgenossen herrühren können. Neben actenmäßig constatirten Thatsachen wird man freilich auch solche aus Classikern, Kirchenvätern und andern alten Quellen finden. Indessen denke ich, wer jene nicht widerlegen kann, hat keinen Grund diese geringschäßig bei Seite zu schieben. Kritiklos bin ich auch bei ihrer Auswahl nicht zu Werke gegangen, sondern habe nur solche beigebracht, die mindestens aus inneren Gründen, vor Allem wegen ihrer Gleichartigfeit mit andern, sicher bezeugten, volle Wahrscheinlichkeit haben. Sie sollen dazu dienen, die Continuität der Erscheinungen durch die ganze Weltgeschichte darzuthun.

Das auf diese Weise gewonnene Material ist dann im zweiten Theil zur Erläuterung der biblischen Wunder verwendet worden. Welchen Beifall dieselbe im Einzelnen finden wird, muß ich abwarten. So viel aber steht mir fest, daß ein genaueres Studium

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