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legen wollen, werden sehr weit führen. Geseßt aber auch, daß dieß Fundament sicher steht, so ist die Gefahr aller streng systematischen Darstellungen von jeher gewesen, dem Stoffe nicht gerecht zu werden. Wer immer zuerst auf die systematische Kette der Begriffe sieht, der vergißt zu leicht, daß auch Leben und Geschichte ihre Logik haben. Die vorzugsweise systematische Wissenschaft ist doch die Philosophie. Diese nun rühmt sich vor anderen Wissenschaften der Freiheit, welche ihr Stoff, das Sein, zuläßt. Allein näher betrachtet ist diese Freiheit nicht ein Beweis des vollendeten, sondern des unvollendeten Zustandes unserer Wissenschaftlichkeit. In dem Grade in welchem die Sonderwissenschaf ten innerhalb ihrer Kreise zu festen Resultaten kommen, in dem Grade wird die Freiheit der Philosophie in der Behandlung ihres universalen Stoffes amortisirt. Die vom Gegebenen aus auf dem Wege der Induktion in's Ganze gehende Naturwissenschaft, wie sie in einem Humboldt vertreten ist, macht solche poetische Griffe, wie sie am Anfang unsers Jahrhunderts Schelling that, unmöglich. So muß es denn auch das Ziel der theologischen Wissenschaften welche die exegetische, dogmenhistorische und symbolische Grundlage der Dogmen darstellen sein, jeder willkürlichen Konstruktion Grenzen zu seßen. Ein Fortschritt zu diesem Ziele ist sichtbar. Solche Willkürlichkeiten und Einlegungen, wie sich der gewöhnliche und spekulative Rationalismus erlaubte, sind jezt durchaus unzulässig. So wenig wir die Gleichgiltigkeit unseres Zeitalters gegen Philosophie gutheißen können, so gesund und berechtigt erscheint uns doch die Freude desselben am Realen und Geschichtlichen, sofern sie nicht auf Materialismus und Empirismus, sondern auf einem frischen Lebenszuge und auf der Voraussetzung einer Logik der Erscheinungen und Thatsachen ruht. Und so legte sich denn mir, der ich bisher sowohl in meinen schriftstellerischen Versuchen als in meinen Vorlesungen das historische und dogmatische Element verbunden habe, der Gedanke nahe, statt des gewöhnlichen Weges, welcher von den Principien ausgeht, den historisch - genetischen einzuschlagen, der von dem Stoff ausgehend das System zum Resultate hat. Eine durch eingehende Darlegung der dogmatischen Entwickelung der lutherischen Kir che eingeleitete Dogmatik, welche die Dogmen aus ihren Elementen: der allgemeinen Religion, dem Worte Gottes und dem Kirchenglauben so entstehen läßt, daß sie im geschichtlichen Werden das Werden der Wahrheit nachweist, um den also gewonnenen Stoff zu systematischem Abschlusse zu bringen, schien mir eine nicht bloß berechtigte, sondern geforderte Aufgabe zu sein. Das Nähere sagt der erste einleitende Para

graph. Von den fünf Abschnitten, in die ich den Stoff zerlegt habe (Geschichte der luth. Dogmatik, Religion, Wort Gottes, Kirchenglaube, System) enthält dieser Theil die drei ersten. Die beiden legten wird der zweite Theil geben. Es liegt in der Natur einer historisch - genetischen Darstellung, daß man ihre Resultate früher entstehen sieht als bei construktiver Darstellung. Und so enthält denn dieser erste Theil die Grundlagen der Glaubenslehren nicht nur im Ganzen, sondern auch im Einzelnen, welche der zweite Theil in ihrer kirchlichen Entwickelung und ihrem systematischen Ausbau darzustellen bestimmt ist.

Die Gefahr monographischer Behandlung einzelner Dogmen bei Verfassern, die vom Ganzen in's Einzelne, vom Einzelnen in's Ganze gehen, ist die sich immer von Neuem bietende Veranlassung zu allgemeinen Substruktionen. Seitdem ich dieß als einen Mangel meiner Versuche über die Lehre vom heiligen Geiste und über das Abendmahl erkannt habe, wurde es mir zu einem unabweislichen Bedürfnisse, in irgend einer Form einmal das Ganze im Zusammenhange zu geben. Der eingehende Leser wird leicht finden, daß der dort natürlich nicht in erschöpfender Weise hingestellten Grundansicht in allem Wesentlichen der Standpunkt des vorliegenden Buches entspricht, nur daß ich hinzufügen muß, daß eingehendere Studien manches Dunkle abgeklärt, Einseitige ergänzt, Keimartige zur Ausreifung gebracht haben. Als eine geschichtliche Einleitung des hier eingenommenen Standpunktes darf ich meine Schrift Der innere Gang des deutschen Protestantismus ansehen, die in ihrer zweiten Gestalt im Ganzen wie im Einzelnen andeutet, welche Resultate eine durch die Erfahrungen einer dreihundertjährigen Geschichte hindurchgegangene Dogmatik lutherischen Bekenntnisses zu bieten habe. Daß man die Andeutungen eines geschichtlichen Ueberblicks, denen ich noch überdieß in der Vorrede die Bemerkung vorausgeschickt hatte, daß sie ihre Ausführung bald in einem größern Werke finden würden, als ein System behandelt und abthut, muß doch möglich sein, nachdem es ein Mitarbeiter der Protestantischen Kirchenzeitung im Namen der jenaischen Theologie geleistet hat. Ich muß bitten meinen dogmatischen Standpunkt nach dem vorliegenden Buche zu beurtheilen, mir aber zu erlauben auf jenes Buch im Ganzen als einen Nachweis des geschichtlichen Rechtes der confessionellen Richtung und im Einzelnen bei geschichtlichen Andeutungen, die dort im Zusammenhange entwickelt sind, zu verweisen.

Der erste Abschnitt giebt die Geschichte der lutherischen Dogmatik als eine mit dem Gange der lutherischen Kirche eng zusammen

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hängende Stufenreihe von Entwickelungen, deren Wahrheit die Dogmatik der Gegenwart organisch sich einzuverleiben hat. So geläufig mir der Boden war, auf dem sich Alles bewegt, und so befreundet die dogmatischen Hauptwerke, so war doch die Massse des zu bewältigenden Materials groß und die Beurtheilung der Richtungen schwierig genug, um meine ganze Kraft in Anspruch zu nehmen. Die Grundlage jeder positiven Religion bildet die allgemeine Religion. Diese in ihrem Wesen und ihrer Wahrheit darzustellen ist die Aufgabe des zweiten Abschnittes. Mag es der Philosoph unternehmen die Religion aus dem Begriff zu bestimmen, der Theologe hat nach dem Charakter seiner Wissenschaft, welche schon in ihrer klassischen Grundlage ein Wissen von Gott auf Grund eines positiven Glaubens — das wissenschaftliche Bewußtsein der Kirche von Gott ist, von der Thatsache der Religion auszugehen. Das ist eine Nothwendigkeit, die zum Bewußtsein gebracht zu haben besonders Schleiermacher's Verdienst ist. Mir ist, wie ich es schon in dem grundlegenden Kapitel der Lehre vom heiligen Geiste und den sich anschließenden Artikeln über das Wesen des Christenthums in der Ev. K.- Zeit. 1848 zu begründen gesucht habe, der Glaube die Lebenswurzel aller Religion, welche aber erst mit dem Stamme der Gemeinschaft mit Gott und der Krone der Religionsgesellschaft das Wesen der Religion constituirt. Nachdem das Wesen der Religion als eine Thatsache des Lebens bestimmt ist, ist es die Aufgabe einer philosophischen Prüfung die Wahrheit der Religion zu untersuchen. Ich habe es versucht in den Beweisen für's Dasein Gottes die Wege nachzuweisen, auf welchen sich der philosophirende Geist innerhalb der Sphären, welche er zu durchschreiten hat, zu dem Begriffe Gottes erhebt. Die Idee des Verhältnisses Gottes zum Menschen, welche sich auf diesem Wege ergeben hat, fordert die Thatsache eines Verhältnisses zwischen Gott und Menschen und findet die Wirklichkeit, welche diese Thatsache in der Religion gefunden hat, vernunftgemäß. So sind denn die Grundlinien des Verhältnisses zwischen Glauben und Wissen gegeben. Den Uebergang nun von der allgemeinen zu den positiven Religionen bildet der Offenbarungsbegriff, welcher im Wesen der Religion liegt. Alle positiven Religionen berufen sich auf Offenbarung. Den Beweis nun, daß das Christenthum unter allen positiven Religionen die Religion der Wahrheit ist, hat die Apologetik zu leisten, deren Geschichte und Begriff ein besonderer § behandelt. Ich habe in denselben das Resultat meiner beiden Programme Symbolae apologeticae niedergelegt. Die Bestimmung aber des Wesens und der Wahr

heit des Christenthums kann nur das Resultat einer biblisch-theologischen Darlegung der Offenbarungsgeschichte alten und neuen Bundes sein. Diese nun will der dritte Abschnitt geben: Das Wort Gottes. Wenn der zweite Abschnitt die Lehren entwickelt, welche in der allgemeinen Religion gegeben sind, so ist die Hauptaufgabe des dritten Abschnittes die Schriftlehren darzustellen. Ist es nun als allgemein anerkannt anzusehen, daß man die Glaubenslehren nicht aus vereinzel ten Schriftstellen begründen darf, sondern vermittelst der Biblischen Theologie, welche den biblischen Glaubensinhalt geschichtlich darzustellen hat, so kann eine historisch-genetische Dogmatik einen andern Weg gar nicht einschlagen als zu zeigen, wie innerhalb der Entwickelung der Bundesoffenbarung die biblischen Glaubenslehren entstanden sind. Auf diesem Wege erreicht sie zugleich den Zweck, durch Darlegung der Entstehung und des schriftstellerischen Charakters der einzelnen biblischen Schriften eine feste Grundlage zu gewinnen für die Lehre von der Schrift, namentlich die Inspirationslehre. Das Resultat aber ist die Bestimmung des Wesens und der Wahrheit des Christenthums. In diesem Resultate werden sich sowohl die allgemeinen Bestimmungen des zweiten Abschnittes als die Grundzüge des Entwickelungsganges alten und neuen Bundes zu bewähren haben.

Dem zweiten Theile verbleibt nun die Aufgabe im vierten Abschnitte in das Neß der Entwickelung des alten, mittelalterlichen und reformatorischen Kirchenglaubens die Bildungsgeschichte der einzelnen Kirchenlehren zu zeichnen, im fünften Abschnitte aber den also gewonnenen Stoff systematisch zusammenzufassen. Nachdem dieser erste Theil nicht nur den Grund gelegt, sondern auch im Einzelnen die Resultate entschieden hat, hoffe ich in dem zweiten, der mich ohnehin in Regionen führt, die mit meinen Fachstudien enger zusammenhängen, schneller zum Ziele zu kommen als in diesem ersten, an den ich einige Jahre nicht bloß voll meditatio, sondern auch tentatio gesezt habe.

Indem ich wiederhole, was ich vor Kurzem anderweitig gesagt habe, daß kein Mensch von der Verwechselung seiner persönlichen Ueberzeugung mit der Wahrheit ganz frei ist, glaube ich doch sagen zu können, daß ich mir bewußt bin keiner Partei, sondern nur der Wahrheit gefolgt zu sein. Ich bin auf dem Wege des Suchens nach Wahrheit zu Jesu Christo, der da ist die Wahrheit, geführt worden, und durch ihn zur lutherischen Kirche, welche ich nicht für die allein wahre Kirche, wohl aber für die Säule der Wahrheit in der allgemeinen Kirche gehalten habe und halte, weiß aber, daß nur Der den Geist dieser Kirche

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in sich aufgenommen hat, welcher unerschütterlich steht auf dem Grunde der Apostel und Propheten und der festgegründeten Ueberzeugung lebt, daß das lutherische Bekenntniß seinem Wesen nach das lautere Evangelium ist, und doch die Geschichte von drei Jahrhunderten hat auf sich wirken lassen, einen ökumenischen Sinn und ein katholisches Herz hat für das was in allen Kirchen wahr ist und ein Ohr für die Harmonie der Wahrheit, die sich aus den Dissonanzen der unendlich mannigfaltigen Zeittöne herausringen will. Ich habe nie die Schmach der Orthodorie gescheut, sofern ihre Sache die Sache Christi ist, und habe mir doch stets gesagt, daß ich für Die, welche im Kirchenglauben nur das Alte, Feste und Fertige suchen, kein Gewährsmann werden kann. Mit Recht hat man zu einem theologischen Schriftsteller, der sich aus einem Extrem in's andere stürzt, kein Zutrauen. Aber wie soll man anderseits zu einem Theologen Zutrauen fassen, von dem man weiß, daß es ihm vollkommen unmöglich ist, an dem was er einmal aufgestellt hat zu zweifeln? Die Wahrheit ergiebt sich nur dem, welcher sie sucht, wer aber sucht wird nicht finden, wenn er nicht dahinten lassen kann. Das Feuer der Wahrheit leuchtet und wärmt nur indem es alles selbstische Denken und Wollen verzehrt. So ungewöhnlich aber ist es, etwas einmal Aufgestelltes zurückzunehmen oder zu modificiren, daß man nicht müde wird z. B. einem Manne wie Hengstenberg, dem auch sein Feind das Zeugniß der Charakterfestigkeit geben muß, immer von Neuem vorzuhalten, daß er hie und da seine Ansichten verändert hat. Ich hoffe was ich vor zwanzig Jahren öffentlich bekannt habe bis zum leßten Hauche meines Lebens zu bekennen, nämlich dem Gotte meiner Väter auf diesem Wege, den sie eine Sekte heißen, also zu dienen, daß ich Allem glaube was geschrieben steht im Gesez und in den Propheten (AG. 24, 14.). Aber ich vermag diesen Weg nur unter stetem Prüfen, Suchen, Kämpfen zu gehen. Wer mag sagen, er habe die wahre Mitte zwischen der Treue, die da hält was sie hat, und dem Streben immer mehr hinanzukommen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntniß des Sohnes Gottes? Nur das ist gewiß, daß wie das Leben des einzelnen Christen nicht aus der Wahrheit ist, wenn es nicht in allen Kräften ein Strecken und Streben ist nach dem was vorn ist, so auch der protestantischen Grundüberzeugung von der alleinigen Auktorität der Schrift, worin ein unerschütterliches Festhalten an den Thatsachen der Heilsoffenbarung unsers Glaubenbekenntnisses gegeben ist, ein rastloses Streben die Schäße der Erkenntniß, die in Christo sind, immer mehr zu heben nicht nur nicht entgegen, sondern nothwendig ist. Das Wort des

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