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Im Frühling grün't das Laub; im Herbst geht es verlohren;

So ist es auch mit uns: der stirbt; der wird ges bohren!

Deine Kinder find auch folche Blåtter; Blätter sind diese Menschen, die mit so groffem Geräusch, andere preifen, oder tadeln. Blåtter sind auch die, zu welche dein Nahme nach deinem Tode kommen wird. Kurk, so viel Dinge in der Welt, fo viele Blåtter! der Frühling treibet sie hervor. Der Wind schlågt sie ab. Der Wald zeuget andere. Und fie sind hierin alle gleich, daß sie nicht lange dauren. Und du scheuest, oder verlangest, diese Dinge dergestalt, als ob fie immer währen könten? Ueber ein kleines wirst du die Augen zuthun, und es werden hernach andere auffkoms men, so auch die beweinen werden, welche dich zu Grabe begleitet haben.

XXXVI.

Ein gesundes Auge, muß alles sehen können, was vorkömmt, und nicht sprechen: Ich will nur das Grüne fehen. Dis stehet den trieffenden Augen zu. Auch muß ein gefund Gehör, und Geruch, bereit seyn, alles zu ries chen, und zu hören. Ein gefunder Magen muß alle Speis fen verdauen, wie eine Mühle, die gebauet ist, allerhand Korn zu mahlen: Gleicher gestalt, muß ein gesundes Ges muth fertig seyn, alle Zufälle zu ertragen. Wünschet es aber: Ach, daß meine Kinder leben! Ach, daß mich alle Leute loben möchten ! so ist es wie ein Auge, so nur allein das Grüne sehen will, und wie ein Zahn, der nichts tauen fan, als was můrbe ist.

XXXVII.

Niemand, ist in der Welt so glücklich, um dessen Leiche nicht viele stehen, die fich freuen über dem, was ihm wiederfahren ist. War er ein ehrlicher und kluger

Mann,

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Mann? so wird sich jemand finden, welcher sagt: Nun werde ich ja einmal Ruhe, für diesen Lehrmeister haben! Zwar ist er eben niemand beschwerlich ges wesen, aber ich habe doch offt gemercket,daß er uns bey sich selbst verdammet hat. So wird man von eis nem ehrlichen Manne sagen.

Was uns selbst aber betrifft, haben wir vieles an uns, warum andere wünschen, von uns erlöset zu seyn. Bedenckest du dis, wenn es mit dir zum Abschied kömmt, so wirst du williger sterben. Denn du wirst bey dir spres chen: Ich verlasse ein Leben, o) darin auch die, so genauere Gemeinschafft mit mir pflogen, wünschen daß ich begra ben sey. Die, sage ich, um deren Willen ich es mir habe laffen sauer werden, für welche ich gebetet, geforget; die fea hen gerne, daß ich davon foll; und meynen, daß mein Tod, ihnen einen Trost verursachen wird. Warum wolt ich denn gerne hier verweilen ?

Doch folt du darum nicht unwillig, auf solche Leute, von hinnen fahren, sondern mit deiner gewohnten Meis gung, als ihr Freund, ihr Gönner, und mit fanfften Muth. Auch soll dein Abschied dir nicht verdrießlich seyn, als würdest du von ihnen geriffen; sondern, du folt mit solcher Stille davon fahren, als die Seelen des rer, die durch einen sanfften Tod, aus dem Leibe gezo gen werden. Die Natur hatte dich mit ihnen verknus pfet, und verbunden, fiehe, nun löset fie dich wieder auf. So werde ich denn zwar auffgelöset, und ich scheide von meinen Angehörigen, aber ohne Zwang, und Widers willen. Denn ich muß auch diese Schuld der Natur; bezahlen!

XXXIIX.

●) Darin auch die. Vielleicht hatte Faustine / oder Commodus / dem guten Antoninus / diese Betrachtung verurs Fachet.

XXXIIX.

Gewöhne dich,bey allem, was du andere thun fichest, die Frage ben dir anzustellen: Warum thut dieser,oder jener, folches? p) Aber vergiß nicht, von dir selber den Anfang zu machen, und erforsche zu erst, den Zweck, alles deines Thuns.

XXXIX.

Wiffe, daß dasjenige, so dich gleichsam, als beym Faden ziehet, oder wie die Puppen lencker, in dir selbst vera borgen liege. Deine Sinnen, sind diese Fåden, deis ne Einbildung ist die Unterhändlerin, vermittelst des Les bens, so dich reget. Dis ist q) so zu sagen, der Mensch. Co halte dich demnach nicht auf, mit der Betrachtung des Gefäffes, oder des aufserlichen Behältniffes deiner Sees fen, und feiner, um dieselbe her, gebildeten Glieder; denn fier sind gleichsam, eine uns angebohrne Såge, und würden, ohne einer bewegenden Ursache, so viel nüße seyn,

ald

p) Aber vergiß nicht. Merckwürdige Erinnerung! die Weisheit fängt bey GOTT/und bey sich selber an. Drum führet uns Antoninus / in der nächsten Betrachtung / zu die Faden/oder die innere erste Bewegung/unsere Thaten. Šo zu sagen/ der Mensch. So schreibet er/ weil die gemeine Sage/ diese lebendige und finnliche Lenckung / der leiblichen Glieder/vor den Menschen ausschreyet. Die hei lige Schrifft/ hebet die Dunckelheit / durch den Unterscheid/ wischen den aufserlichen / und innerlichen Menschen. Gleichsam eine Säge. Die äusserliche Sage/ wird durch die innere Sinnen gezogen/ unser Leben abzuschneiden. Ans toninus will/ daß wir uns nicht zu lange/ mit der Betrach. tung des Fleisches/ fo uns umgiebt/ auffhalten sollen/ weil dis nur ein todtes Wesen ist; sondern / wir sollen in uns hinein gebens und die Hand oder Fäden betrachten/so die äusserlichen Glieder/durch allerhand Begierden/bewegen ; damit wir uns felber recht kennen lernen; und unsern eigenen Schaden vermeiden; wie er in nächst vorhergehender Betrachtung bereits erinnert hatte.

als ein Weber-Spul ohne Weber, eine Feder ohne Schreiber, und als eine Peitsche ohne Fuhrmann.

Des Römischen Käysers Marcus Aurelius Mntoninus

Erbaulicher

Betrachtungen
Eilfftes Buch.

I.

a) Eigenschafften der vernünfftigen Seele find, daß fie fich selber beschauet, sich selbst eins richtet, und sich selbst also zubereitet, wie sie sich haben will; b) auch ihre eigene Frucht geniesset, welche

fie

a) Die Eigenschafften der Vernünfftigen Seele sind/daß fie sich selber beschanetic. Doch ist das Sehen der Seele nicht beschaffen/wie das Sehen des Leibes. Die leiblichen Au gen können sich selbst nicht anders als im Spiegel/oder in der gleichen Wiederscheine sehen. Dahingegen die Seele/fich in sich selbst beschauet/alle ihre Eigenschafften siehet/ und was noch mehr ist/ von der aller vollkommensten Weisheit/das ist GOtt/ ihr eine Vorstellung machen kan. Doch wie die Augen des Leibes/ nicht sehen können/ ohne Beyhülffe des Lichts/also kan die Seele auch nicht recht sehen/ohne wenn fie von einem ewigen/ und lebendigen Lichte erleuchtet worden. Entfernet fie sich davon/ und hänget sich an das sinnliche und was die leiblichen Augen fehen; so verlieret sie sich selber/und fällt in die tieffite Finsterniß und Verblendung.

b) Auch die Frucht geniesset welchesc. Die Früchte der

fie selber hervorbringet; Dahingegen alles, was die Pflanzen, oder die Thiere geben, einem andern, und nicht ihnen selbst zu gut gereichet. c) Die Seele aber ges langet allezeit zu ihren Zweck, wie kurk auch immer das Leben ist, denn es ist mit ihr nicht beschaffen, wie mit eis nem Tank, Comödie, oder dergleichen Dingen, von des nen man nicht das geringste abnehmen kan, ohne die gange Vorstellung zu zerstümmeln. Man finde fie wo man vill, (am Anfang, am Mittel, und am Ende) fo wird alles was fie thut, ein vollkommenes Werck zu seyn scheinen; Das her fie mit gutem Zug sagen kan: Ich habe das Meine!

d) Ferner läufft die Seele durch die ganze Welt, und dringet durch alle Gegenden derselben. Sie be trachtet ihre Gestalt. Sie miffet aus die Ewigkeit. Sie beschauet die abwechselnde Verneuerungen der Dinge; und indem sie also klar und deutlich lieset was fünfftig ist,

findet

Seelen werden in der Schrifft genannt: Die Früchte der Ges rechtigkeit; Die Früchte des Lichts; Die Früchte desGeistes. Und find entgegen gefeßet denen Früchten des Fleisches/welche nichts sind als Ungerechtigkeit und Bosheit/Paulus beschrei bet fie alfo Gal. V.22. Die Frucht aber des Geistes ist/ Liebe/Freude/ Friede / Gedult/ Freundlichkeit/Gi. tigkeit/Glaube / Sanfftmuth / Reuschheit.

Sie gelanget allezeit vollkommen zu ihrem Zwed. Antoninus redet von der Seele / wenn sie beschaffen ist wie fie feyn soll; oder wenn sie sich in ihren eigenthümlichen Wir ckungen/weder durch die Fantasey, noch durch die Begier den hindern låft.

Ferner läufft die Seele durch die ganze Welt. Dieses Beweises haben sich alle Weltweisen bedienet/ die Unsterblich Feitder Seele damit zu erläutern. Also daß sie nicht gesweis felt haben/aus diesen göttlichen Wirckungen der Seele/Krafft welcher fie fähig ist/ die verborgensten Tieffen des Abgrunds/ und die erhabensten Höhen des Himmels durchzusuchen/ihre Unsterblichkeit zu folgen.

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