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Zweytens, d) wie führen sich diese oder jene auf,

an der Tafel; in ihren Zimmern; oder anderwerts? absonderlich aber, was für eine Nothwendigkeit dringer ihnen ihre Meynung auf? ja wie klug laffen sie sich, bey ihrem verkehrten Verfahren, düncken?

Drittens. Haben sie Recht zu thun, was sie thun, so muß man sich solches nicht befremden lassen: haben sie Unrecht, so fündigen sie wider ihren Willen, und aus Unwissenheit. Denn, wie die Seele der Wahrheit nie, ohne, wider ihren Willen beraubet wird, also geschichts auch immer wider Willen, wenn sie sich nicht verhält, wie sie soll. Daher kömmts, daß solche Leute es e) nicht vertragen können, wenn man sie uns gerechte, Geißige, oder Unbillige gegen ihren Nächsten, heiffet.

Viertens. Du fündigest auch vielfältig, und bist denen andern darin sehr gleich. So du dich aber dieser øder jener Sünde enthältest, so bleibst du doch dazu ges neigt, wiewohl du dich hütest, dieselbe, entweder aus Furcht, oder aus Ehr-Begierde, oder aus dergleichen andern f) bösen Triebe, zu begehen.

Fünfftens. g) Du kanst es auch nicht einmahl
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recht Wie führen. Sind so viel Bewegnissen / zum Mittleiden/ mit des Nächsten Jrrthum und Thorheit.

s) Nicht vertragen. Daher bemercket Paulus biefen Zwang
und Gewaltthätigkeit an fich felbft/wenn er sagt: Daß sie die
Wahrheit in ungerechtigkeit auffhalten. Röm. I. 18.
f) Bösen Triebe. Merckwürdige Erkäntniß eines Heyden.
Antoninus erkennet alle heimliche Absichten vor Heucheley/
und Bosheit/und dringet auf eben die Reinigkeit der Thaten/
welche der Apostel / Röm. XII. 21. bemercket: Last euch
nicht das Böse überwinden/ sondern/ überwindet ihr
das Böse/durch das Gute.

g) Dukanst. Mercket dis/ ihr Splitter-Nichter / die ihr von
eurem Mächten lieber nach eurem boshafftigen Wunsch / als

recht wiffen, ob dieser oder jener sich verfündiget habe, oder nicht. Denn es geschehen viele Dinge, aus einer heilsas men Absicht. Dannenhero muß man alle Umstände zus vor genau wiffen, ehe man von seines Nächsten Thun, ein Urtheil fållet.

Sechstens, wenn du dich am hefftigsten bekům, merst, oder quåleft, so gedencke: Das Leben der Mens schen währet einen Augenblick, und in kurzem, werden wir alle nicht mehr seyn!

Siebendens. Es sind nicht die Thaten anderer Leute, die uns beunruhigen, denn sie haben ihren Auffenthalt in der Seele, des, der sie begehet; Unfre eigene Eins bildung ists, die uns verwirret. Verjage diese, und höre auf zu urtheilen, daß diese oder jene Sache böse sey, so wird dein Zorn verschwinden. Aber, wie soll ich sie verjagen? Stelle dir vor; h) daß nichts schändliches in dem ist, was dir von andern wird angethan; denn wäre etwas böses ausser denen Lastern, die in den Menschen sind, so müste folgen, daß du ein Sünder oder Räuber werden köntest, Dieweil es andere find.

Achtens, der Zorn und die Bekümmerniß, thun uns mehr böses, als die Dinge selbst, worüber wir uns erzürnen, oder bekümmern.

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Meune

nach der Warheit urtheilet. Jenes siehet durch die Fernglä fer/wie ein Wunderthier/und in der Nähe ist es eine Mücke! k) Daß nichts schändliches. Gar artig führet Philifcus dem bekamerten Cicero in seinemElend zuGemüthe/daßSchimpf und Schande mehr in derEinbildung/als in der That bestehen; weil keines Menschen Leib / je dadurch erkrancket/ und keine Seele die Gerechtigkeit verlohren hat / weil man beschimpffet worden. Wie es lächerlich wäre/ fagt er / einen Men schen darum vor krand zu halten/weil einGebot aus. gegangen ist/daß er kranck seyn soll; also ist es auch abgeschmackt/ daß man solte darum unehrlich were den/ weil ein ander sagt/ daß man unehrlich sey.

Leuntens, die Sanfftmuth ist unüberwindlich, im Fall fie rechter Art, und ungeheuchelt ist. Denn, Lies ber, was kan dir der allergröbste Verleumder anhaben, dafern du fortfährest, ihm sanfftmüthig zu begegnen, und bey Gelegenheit, ihn mit aller Lindigkeit zu erinnern? halte an, mit der grösten Sanffimuth zu unterweisen, wenn er am allergeschäfftigsten ist, dir zu schaden, und fprich: licht so mein Kind! wir sind zu was anders gebohren. Mit kanst du nicht schaden, sondern du thust dir selbst zu nahe, mein Kind! auch führe ihm zu Gemüthe, daß weder die Bienen, noch einige Thiere, die in einer Heerde weiden, also gegen eins ander verfahren.

Du must aber deine Erinnerungen nicht mit Spott, oder mit hönischen Reden vergållen, sondern, alles muß ohne Bitterkeit, und mit Liebe geschehen. Auch must du nicht mit ihm, wie ein Lehrmeister in der Schule, reden, øder als einer, der von denen Anwesenden, will bewundert seyn; sondern, ziehe ihn besonders aus der Gesellschafft, und rede ins geheim mit ihm.

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Halt diese neun Regeln in Gedächtniß, als ein kosts bares Geschenck der Musen; und beginne ein Mensch zu werden, weil du noch lebest. Du must dich aber eben so fehr hüten, deinen Nächsten zu schmeicheln, als auf ihn zu zurnen. Diese beyde Laster sind der menschlichen Geselle schafft, gleich schädlich.

Burnest du? so bedencke, daß solches gar nicht månn, lich, sondern, daß ein fanffter und gelinder Muth, beydes, menschlicher, und männlicher sey. Anben ers wege, daß die Starcke des Verstandes, nebst der Tas pferkeit, die Sanfftmuth begleiten, und sich nimmer bey Denen finden, die zornig oder verdrießlich find. Die Gütigkeit wird am kräfftigsten, wenn sie unbeweglich bleibt.

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bleibt. Der Zorn aber, und die Traurigkeit, wohnen in den weichen Herken. Wo diese sich auffern, da bes zeuget man, daß das Gemüth verwundet, ja überwuns den sey.

Wilt du noch eine Zehende Regel? so nimm diese, als eine Gabe des Vorstehers der Musen hin. Es isteis ne Thorheit, verlangen, daß die Bösen nicht sollen bds ses thun. Denn das heiffet, eine Unmöglichkeit begeh ren. Hingegen, ihnen vergönnen, daß fie andern bds ses thun mögen; und doch wollen, daß sie deiner schos nen; solches wåre nicht nur eine Thorheit, sondern gar eine Tyranney.

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Unser Gemüth hat i) vier Windungen, davor man fich hüten, und dieselben, wenn man sie entdecket hat, folgender maffen umgåunen, und, zu der Ersten sagen muß diese Einbildung, oder Gedancken, waren unnö thig! Zu der Andern: dieses wird die menschliche Ges fellschafft auflösen. Zu der Dritten: was du sagen wilt, ist deiner Meynung nicht gemäß: Nun ist, nichts

unan

i) Vier Windungen. Dis ist eine trefliche Anleitung zur Selbst-Erkäntniß. Durch die vier Neigungen/verstehet er bie/welche uns zum Bösen verleiten/ und den Menschen un glücklich machen können/wenn sie nicht wohl eingerichtet wer den. Die erste/ist die Fantasey/ oder die Einbildungs Krafft: wie viel Elend fliesset durch diesen Canal/in unser Le ben? Die andre/ ist die unvernünfftige Selbst-Liebe. Wie viel Gutes wird durch den Eigennuk gehindert? Die dritte/ist die Lügen/oder Falschheit/ die alle Menschen/ von Natur zu Lügner macht. Diese wird vermittelst des Verstellung/die Vertheidigerin aller Bosheit. Die viers te/find die Begierden/ und beunruhigen hauptsächlich/ durchs Fleisch/und feine fünff Sinnen/ das menschliche Le ben; wider diese einheimische Feinde/ müssen wir uns burd die Vernunfft/und GOttes Beystand/wapnen.

unanständigers, als wider seine Gedancken reden. Zu der Vierten must du sprechen: du reist, daß durch dies se That, der edelste und göttliche Theil, meiner selbst, das ist die Seele, würde von dem schnöden vergänglichen Leib, und seinen viehischen Lüsten, übermeistert, ja unter das Joch gebracht werden!

XXI.

k) Deine Lebens-Geister, und alles was in dir feus rig ist, wiewohl es von Natur in die Höhe getrieben wird, bleibt es dennoch hienieden mit dem Leibe vermischet, weil es die Natur also verordnet hat. Desgleichen, ob gleich alles, was an dir irrdisch und wässericht ist, seiner Matur nach, sich unterwerts neiget, nichts desto weniger hålt es fich doch in die Höhe, in einer Gegend, die seiner schwes ren Natur, nicht gemäß ist. So gehorchen selbst die Elementen dem allgemeinen Gesetze, sintemal sie in dem Stand verharren, darin fie gezwungen sind zu seyn, biß die Natur ihnen endlich, das Zeichen ihrer Auflösung, und Entbindung, geben wird.

Ifts denn nicht abscheulich, daß dein verständiges Gemüth, allein will ungehorsam, und über seinem Zus stand, unwillig, und unzufrieden feyn? Absonderlich, da ihm 1) nichts gewaltthätiges aufgedrungen wird, fondern alles, was mit seiner Natur übereinstimmet. Und

k) Antoninus jeiget in diesem schönen Capittel / wie der unartige Mensch es alleine sey/ unter allen Creaturen / der die Schrancken der Natur / überschreitet / und sich dadurch selber unglücklich macht.

1) Nichts Gewaltthätiges. Mercket dis/ihr Un-Christen/ die ihr die Gebote unsers Heylandes/ vor unmöglich aus. schreyet. Lernet von den Heyden/ wie wahr es sey/ was er fagt: Matth. XI. Wein Joch ist sanfft / und meine Last ift leicht. Das Christenthum gebietet nichts / als was die vernünftige Natur/zu ihrer wahren Glückseligkeit/erheischet.

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