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AO. VIII, 2

Monumentalschrift (Hieroglyphen).

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richtet sind. Seltener ist die entgegengesezte Richtung, so daß die Zeichen von links nach rechts (wie bei uns) zu lesen sind, oder die senkrechte reihenweise Anordnung. Ein solches Abweichen von der Regel beruht dann meist auf ästhetischen Rücksichten, die für die „Hieroglyphen“ in erster Linie bestimmend sind. Denn diese Schrift ist da, wo sie auf den Tempelwänden, in den Gräbern und sonst auf Bauten erscheint, eine dekorative Schrift, die denselben ornamentalen Zwecken dient, wie die schön geschwungenen arabischen Inschriften in den Moscheen. So haben sich denn die "Hieroglyphen" in engster Anlehnung an die Kunst entwickelt, deren Blüte und Verfall sie wiederspiegeln. Die unbeholfenen Zeichen der „Frühzeit“ (etwa 3400-2900 v. Chr.), die sicheren, breit angelegten des alten Reichs (2900-2500 v. Chr.), die scharf geprägten Typen des mittleren Reichs (um 2000-1800), die eleganten Formen des neuen Reichs (1400-1100), die etwas nüchternen aber fein ausgeführten der Saitenzeit (663-525 v. Chr.) und die eng zusammengedrängten, gehäuften, verquollen aussehenden Zeichen der Ptolemäer- und römischen Kaiserzeit, sie unterscheiden sich stilistisch ebenso von einander wie die Kunstperioden, denen sie angehören. Übrigens und auch das ist bezeichnend für den Charakter dieser Schrift wurden die einzelnen Zeichen mit dem Pinsel von dem „Umrißzeichner“ (sesch-kode) vorgezeichnet, während der Steinmez sie in Flachrelief oder Hohlrelief sorgfältig ausführte, oder und das war das schnellste und billigste Verfahren nur ihren Umriß vertiefte.

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Aber die ägyptische Schrift wurde nicht nur rein ornamental verwendet, sondern und das war ihre ursprüngliche und vornehmlichste Bestimmung auch für praktische Zwecke im täglichen Leben. Da schrieb man die Zeichen mit einem Pinsel, den man aus einer an einem Ende gleichmäßig zerdrückten Binse verfertigte. Mit dieser für unsere Begriffe recht unvollkommenen „Feder" konnte der alte Ägypter ebenso die feinsten und die dicksten Striche ziehen, wie der heutige Orientale mit seiner breit und schräg geschnittenen Schilffeder, dem Kalam. Noch besigen wir zahlreiches altes Schreibzeug des pharaonischen Ägypters (Abb. 3). Es bestand aus einer Holz- oder Steinpalette, von der der Schreiber Schreibproben oder Gelegenheitsnotizen leicht abwaschen konnte, in deren Mitte der Behälter für die BinsenPinsel angebracht war. Darüber befanden sich Vertiefungen, meist zwei, für die aus Ruß und Gummiwasser hergestellte schwarze und die wohl aus rotem Ocker bestehende rote Tusche. Häufig wurden

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Schreibschrift (Hieratisch).

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die Schreibrohre auch isoliert, vielleicht in einem Behälter oder zu

sammengebunden aufbewahrt, wie es die Hieroglyphe zur Anschauung bringt. Sie zeigt auch zwischen Pinsel und Palette das Tintenfaß, das Wassernäpfchen, in dem der Schreiber den Pinsel

Abb. 3.

palette.

anfeuchtete, um sich von der in den Vertiefungen der Palette befindlichen trockenen Tusche die Tinte zu verschaffen. Der fromme Schreiber ging freilich nicht an sein Tageswerk, ohne vorher von dem Wasser des Napfes dem göttlich verehrten Weisen Imhotep gespendet zu haben.

Das beliebteste Schreibmaterial des Ägypters, ohne das wir uns die ägyptische Kultur nicht denken können, war der Papyrus. Der Name ist ägyptisch (aus pap-iur) und bedeutet „die (Pflanze) des Nils“. Ihn führt auch die schlanke hohe Staude, aus deren Mark er bereitet wurde. Aus diesem wurden der Länge nach feine Streifen geschnitten, von denen eine Reihe senkrecht und eine andere darüber wagerecht gepreßt wurde. So entstand ein Papyrusblatt, und aus dem Zusammenkleben vieler solcher Blätter (Seiten) eine Papyrusrolle. So viel der Papyrus auch in Ägypten verwandt wurde, so blieb er doch immer ein relativ teures Schreibmaterial. Das zeigt sich auch darin, daß man die zum Schreiben wenig geeignete Rückseite mit der vertikalen Streifenschichtung nicht selten be schrieb. Daher haben im täglichen Leben Steine (namentlich der weiße Kalkstein) und Scherben (Ostraka) eine weite Verbreitung als billigstes Schreibmaterial gehabt.

Es liegt auf der Hand, daß die ägyptischen Schriftzeichen, die mit dem Pinsel zu praktischen Zwecken hinAltägyptische geworfen wurden, eine ganz andere Entwicklung nehmen Schreib- mußten, als die, welche in ornamentaler Absicht mit dem Gravierstift in den Stein eingegraben wurden. Strebten diese immer mehr nach dekorativer Wirkung, ohne jede Rücksicht auf Zeit und Mühe, so galt für jene vor allem der Gesichtspunkt der Kürze und Bequemlichkeit. Daher mußten sich dieselben Zeichen je nach ihrer verschiedenen Verwendung notwendig verschieden entwickeln, wobei sie sich schließlich so unähnlich

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Schreibschrift (Demotisch).

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wurden, daß nur noch das Auge des Kenners die praktische Papyrus- und die dekorative Monumentalschrift als identisch erkennen kann. Die beiden Schriftarten unterscheiden sich also in ihrem Wesen nicht anders als unsere Schreibfchrift und Druckschrift, und ich habe daher hier die Bezeichnungen Monumentalschrift und Schreibschrift durchgeführt, obwohl sich leider infolge einer Nachricht des Kirchenvaters Clemens Alexandrinus die irreführenden Namen „hieroglyphisch“ und „hieratisch“ eingebürgert haben, von denen gleich zu sprechen sein wird. Während in der Monumentalschrift die Hieroglyphen gelegentlich auch von links nach rechts laufen, wird die Schreibschrift nur von rechts nach links geschrieben. Die einzelnen Zeichen werden freilich meist von links nach rechts gezeichnet. Darauf wird Herodots (II, 36) Angabe beruhen, daß die Ägypter von rechts nach links schrieben, aber selbst behaupteten, in umgekehrter Richtung zu schreiben. Natürlich gibt es auch in der ägyptischen Buchschrift, wie überall, den Unterschied von Schön- und Schnellschrift, von Unziale und Kursive. Während jene ihrer kalligraphischen Tendenz entsprechend, den praktischen Gesichtspunkt hinter dem ästhetischen zurücktreten läßt, strebt die Kursive rücksichtslos nach Vereinfachung und Verkürzung. In diese Entwicklung der Kursive kam ein beschleunigtes Tempo, als man um die Wende des 8. Jahrhunderts anfing, besonders häufige Gruppen gewaltsam zu verkürzen, als man sich also zur Anwendung von „Siglen" entschloß. Dieses lezte Stadium der ägyptischen Schreibschrift ist also eine verkürzte Kursive. Ein Beispiel zur Erläuterung. Das Verbum „nehmen“ sieht in der Monumentalschrift so aus

in der Schreibschrift der Ramessiden (um 1200 v. Chr.) zlz Die abgekürzte Kursive läßt nun die vor S stehenden Lautzeichen weg und schreibt nur noch die Determinative 4.

Auch die Schreibschrift zeigt ebenso wie die Monumentalschrift in den verschiedenen Epochen verschiedenen Charakter. Abgesehen von der individuellen Verschiedenheit der Schrift lassen sich im Laufe der Zeiten allgemeine generelle Charakteristika beobachten, welche die ägyptische Paläographie wie jede andere beherrschen. Also auch hier hat jede Kulturepoche der Schrift ihren Charakter

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Die Bezeichnungen der verschiedenen Schriftarten AO. VIII,

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die

aufgeprägt. Dabei hat um nur eines hervorzuheben Feder der offiziellen Kanzleien auf das stärkste mitgewirkt. Man erkennt das besonders deutlich daran, daß in der abgekürzten Kursive (dem Demotischen) die dicken persischen Kanzleipinsel, welche den aramäischen Buchstaben ein so schwerfälliges Aussehen geben, zweifellos das entsprechende Bild der älteren demotischen Schrift hervorgebracht haben, wie andererseits in der Ptolemäer-, noch mehr aber in der römischen Kaiserzeit die feine Feder der griechisch-römischen Kanzleien die demotische Schrift der zierlichen griechischen äußerlich ähnlich erscheinen läßt.

Als das Wesentliche der lezten Ausführungen ergiebt sich, daß die ägyptische Schrift in zwei Formen erscheint: als Monumentalund Schreibschrift. In älterer Zeit wurde die erstere für religiöse und offizielle Texte, die lettere auch für profane Zwecke (im Handel und Verkehr) benußt. In der Schreibschrift schrieb man alles, was nicht wie die Monumentalschrift dekorativ wirken sollte. Eine Scheidung in dem Sinne, daß die eine religiöse, die andere profane Bestimmung gehabt hätte, gab es in der älteren klassischen Zeit nicht. Sie trat erst um dieselbe Zeit ein, da sich die abgekürzte Kursive entwickelte. Als Herodot nach Ägypten kam, diente in der Tat die Monumentalschrift frommen Zwecken, sie war „die heilige Schrift" geworden, in der man vor allen Dingen die Tempelinschriften oder die religiösen Texte in den Gräbern und sogar auf Papyrus schrieb, die abgekürzte Kursive aber war die profane „Volksschrift" geworden, in der man Rechnungen und Kontrakte auffezte oder weltliche Literaturwerke schrieb. So ist es begreiflich, daß Herodot (II, 36) von den Ägyptern seiner Zeit (um die Mitte des 5. vorchristl. Jahrhunderts) erzählt

διφασίοισι δὲ γράμμασι χρέωνται, καὶ τὰ μὲν αὐτῶν ἱρὰ τὰ δὲ δημοτικά καλέεται

sie bedienen sich zwiefacher Buchstaben, und die einen davon. werden heilige, die anderen volksmäßige genannt". Ganz ebenso kennt auch die berühmte Inschrift von Rosette (196 v. Chr., siehe Seite 21) nur den Unterschied zwischen roάuuata iɛqά unserer „Monumentalschrift“ und den yoάμμata éɣzógia „den einheimischen Buchstaben“, die also mit Herodots „volksmäßigen Buchstaben“ identisch sind und der abgekürzten Kursive" entsprechen. Beide Stellen kennen nur zwei Schriftarten, und doch fristete die ältere unverkürzte Kursive auch in der Spätzeit ihr Dasein, aber nur wie

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bei den klassischen Autoren.

£7 eine seltene Treibhauspflanze. In ihr wurden nur noch alte religiöse Texte geschrieben, eine lebendige Schrift war sie längst nicht mehr, seit sie im 7. Jahrhundert durch die abgekürzte Kursive aus dem Sattel gehoben worden war. Aber wenn auch Herodot begreiflicher Weise von dieser alten Schreibschrift nichts mehr hörte, so ist doch die literarische Kunde von ihr nicht ganz verschollen. Sie findet sich noch bei Clemens Alexandrinus, der die ägyptische Schrift scheidet in

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1. γράμματα ιερογλυφικά eingegrabene geilige Budstaben",

2. γράμματα ἱερατικά "beilige Bucftabent",

nur

3. γράμματα ἐπιστολογραφικά Brief-Buftaben" 1. Unter diesen Bezeichnungen sind 1. und 3. gut geprägt. Die eingegrabenen Buchstaben“ sind ein vortrefflicher Name für die Monumentalschrift", die ja tatsächlich vor allen Dingen mit dem Gravierstift eingegraben wurde, und die „Briefbuchstaben“ als Bezeichnung der abgekürzten Kursive, deuten für die Spätzeit diese hat ja der Kirchenvater im Auge richtig an, daß die Korrespondenz in ihnen erfolgte. Es ist übrigens derselbe Name, den auch die einheimischen Urkunden (sš š.t) dafür gebrauchen. Dagegen ist der Ausdruck yo. ispatıxά „hieratische Buchstaben“ für die ältere Kursive unglücklich gewählt, da er keinen scharfen Gegenfah zu 1 enthält, und er ist dadurch besonders verhängnisvoll geworden, weil er für die ältere Zeit geradezu falsch ist, da ja ursprünglich in dieser „hieratischen“ Schrift vor allem profane Texte geschrieben wurden.

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Nachdem wir so die Ausdrücke hieroglyphische, hieratische, demotische oder enchorische Schrift" auf ihren wahren Wert zurückgeführt haben, sei ihr Verhältnis zu der besseren, klareren Bezeichnung noch tabellarisch beigefügt. Die ägyptische Schrift stellt sich in zwei Formen dar

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1) Ich übergehe hier die „symbolische" Schrift, die der namentlich in der Ptolemäer- und römischen Kaiserzeit zur Blüte gelangten änigmatischen Schrift entspricht.

Alter Orient VIII, 2.

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