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Zeitspiegelungen.

Zur

Orientirung der Gebildeten

in

Religion und Sitte.

Von

Johann Wilhe
Dr. J. W. Hanne.

DIVINITY SCHOOL
HARVARD UNIVERSITY

LIBRARY

Hannover.

Verlag von Carl Rümpler.

1852.

Hofbuchbruckerei der Gebr. Jänecke in Hannover.

NOTA

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Vorwort.

Der Titel dieser Schrift mag seine Rechtfertigung und bildliche Erläuterung durch eine kurze Hinweisung auf Analogien aus der Physik finden.

Jedermann kennt die Erscheinungen der Fata Morgana und anderer atmosphärischer Lichteffecte, welche unter dem allgemeinen Namen von Luftspiegelungen oder Luftbildern zusammengefaßt werden. Davon bin ich bei der Wahl des Titels ausgegangen.

An den Küsten von Sicilien und auch sonst auf Inseln und an Meeresgestaden kann man, bei heiterm, stillen Wetter, den Anblick von fernen Inseln, von Dörfern, Schlössern, Bäumen oder Thürmen zu Gesichte bekommen, welche sich frei vom Boden erhoben zu haben und, nach Weise der Geschöpfe aus der Mährchenwelt, feenhaft im azurnen Luftraume zu schweben scheinen. Man sieht so auch wohl ein oder mehrere Schiffe am fernen Horizonte durch die Luft daher segeln und wird unwillkührlich zu der Meinung veranlaßt, als ob man es mit dem Anblicke wirklich eristi= render Dinge zu thun habe, obwohl sich Jedermann sagt, es sei rein unmöglich und widerspreche allen Gesetzen der irdischen Schwere, daß die körperlich vorhandenen Inseln, Dörfer, Thürme, Bäume und die Schiffe des Meeres sollten luftig über die Erde hinaus in den freien Himmel

gestiegen sein. So überzeugt man sich denn auch bald, daß alle jene zauberhaften Gebilde auf dem luftigen Hintergrunde nichts als optische Scheingestalten und wesenlose Bilder sind, welche sich gleichsam von den wirklichen Objecten durch atmosphärische Lichtbrechung losgerissen haben, und so das Auge des Beobachters wunderlich täuschen. Der zauberhafte Eindruck einer solchen Luftspiegelung wird noch größer, wenn man von einem sich annähernden oder entfernenden Schiffe zugleich noch über demselben ein umgekehrtes Bild erblickt. Solche Erscheinungen der ungewöhnlichen Brechung, welche unter dem Namen des Seegesichts" bekannt sind, werden auf dem Meere öfters beobachtet. Bei der Fata Morgana, die sich dann und wann an den Küsten von Sicilien, sowie bei Neapel und Reggio zeigt, findet noch die Eigenthümlichkeit Statt, daß die feenhaften Gestalten der Ruinen, Säulen, Schlösser und Paläste, welche in den blauen Lüften daher figuriren, in beständiger Wandelung ihrer Umrisse begriffen sind, so daß sie Proteusartig die wunderlichsten Metamorphosen im steten Wechsel durchlaufen.

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Mit noch anderen Abweichungen gestalten sich diese Luftspiegelungen bei stillem, heißen Wetter in großen Wüsten. Wer die flachen Ebenen Niederägyptens oder die weiten Sandregionen Persiens und der Tartarei durchzieht, dem zeigen sich von den fernen Gegenständen z. B. von Palmen, Häusern und Pyramiden, zugleich die unterhalb derselben liegenden verkehrten Bilder, als ob die in der Ferne erschei nenden Bäume und Erhöhungen rings von den Fluthen eines klaren Sees umfaßt würden, in dessen hellem Wasser sie sich spiegelten. Wenn nun der Wanderer der Wüste, erschöpft von langer Fahrt, und matt von Hitze und Durst, diese scheinbaren Wasserspiegel in nächster Nähe vor sich hin gezaubert sieht, so rafft er seine letzten Kräfte zusammen, um

an ihnen sich zu erlaben, und gleichsam aus den Feuergluthen der Hölle in die duftigen Auen des Paradieses zu fliehen. Aber siehe, die schimmernden User weichen trügerisch weiter und immer weiter zurück, und verlocken den bereits Erschöpften noch tiefer in die grauenhafte Dede, bis er sich endlich grausam enttäuscht sieht, und oft noch obendrein eine Beute der wilden Thiere der Wüste wird.

Es ist aus der Physik bekannt, wie alle diese Phänomene durch eigenthümliche Lichtbrechung entstehen, und daß diese Ablenkung der Lichtstrahlen in der ruhigen Atmosphäre, über dem Meere oder der Wüste, bedingt ist durch die verschiedene Erwärmung und die dadurch bewirkte, verschiedene Dichtigkeit der obern und untern Luftschichten.

In analoger Weise verhält es sich nun auch mit den Zeitspiegelungen. Es sind dies die falschen Bilder und Ansichten, welche in unserm jetzigen Zeitalter, innerhalb der tonangebenden Literatur und bei dem gebildeten Publicum über göttliche und natürliche Dinge im Schwange gehen, und die der Zeitgeist im luftigen Elemente der öffentlichen Meinung als objective Vernunftwahrheiten dahergaukelt, obgleich Alles nur trügerischer subjectiver Schein ist.

Der sogenannte Zeitgeist nämlich, oder die herrschende Denkweise einer bestimmten Zeit, bildet gleichsam die allverbreitete, den Inbegriff und Umfang sämmtlicher religiösen, inoralischen, ethischen und rechtlichen Verhältnisse eines Volks durchdringende Atmosphäre, worin die einzelnen, menschlichen Individuen im irdischen Bildungsgange zum Bewußtsein über Gott, Welt, Bestimmung, Pflicht und Recht erwachen. In dieser Atmosphäre, die ihre Schwingungen und Strahlungen bis in das Innere der Familien hinein verbreitet, und selbst die Substanz der orthodoren Kirche, ob sich dieselbe auch, wie die heilige Roma, mit einer siebenfachen Mauer der Tradi

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