Die WEISSAGUNGEN des SAKHARJAH. Ausgelegt von Wilhelm Neumann. Stuttgart, 1860. Druck und Verlag von J. F. Steinkopf. Vorbemerkungen. ,, Wer hätte es im Verlaufe eines bewegten Erdenlebens nicht einmal erfahren, was mit jenem Dichterausspruch es auf sich hat, dass Worte Sterbender wie tiefe Harmonie Gehör erzwingen"? Es waltet in ihnen eine dunkle und doch zauberisch fesselnde Macht, der kein Menschenherz widerstehen kann. Wenn die Seele die Anker gelichtet nach dem seligen Heimathland, und ihr, todesmatt, die Welt des Diesseits schon versunken, da vernimmt das Ohr der Verscheidenden Klänge aus einer andern Welt, und das Auge schaut, sehnsuchtstrunken, die fernen Küsten der Ewigkeit sich nahe gerückt. Was sonst den staubgebornen Sinnen sich verhüllte im kreisenden Wechsel alles Seins, das tritt, fest und lebensvoll gestaltet, im Tode vor das Bewusstsein hin, und bald in den unaussprechlichen Seufzern eines stürmischen Verlangens, bald in ergreifender Rede des edelsten Sprachausdruckes, selbst rhythmisch gegliedert und wie hingerissen von dithyrambischer Begeisterung, spricht die Wonne sich aus, welche der Widerschein aus jenem Leben in die Todesstunde strahlt. Es liegt etwas Göttliches in den Worten Sterbender. Darum hat man sie immerdar für bedeutsam, für vorbedeutend gehalten, und sie sind oftmals zur Weissagung geworden. Wir stehen im Begriff mit einer Reihe alttestamentlicher Weissagungen uns zu beschäftigen, deren innerstes Wesen ich nicht wahrer und zugleich für ihr Verständniss im Allgemeinen, wie im Einzelnen, fruchtbarer zu characterisiren weiss, als wenn ich sie unter dem Gesichtspunkte von Worten des mit dem Tode ringenden Gottesvolkes betrachten darf. Ein Blick in die Geschichte lehrt, dass überhaupt die leuchtendsten Sterne am prophetischen Himmel über Israel aus der GrabesNeumann, Sakharjah. 1 |